Freudentränen waren nach der griechischen Mythologie schuld daran, dass die Edelsteine auf die Erde kamen. Die Götter des Olymps hatten sie vergossen nach dem Sieg über ihre ärgsten Feinde, die Titanen. Als die Tränen nach langer Reise aus den schwindelnden Höhen des Olymps auf dem Erdboden ankamen, verwandelten sie sich in Smaragde, Saphire oder Opale.
Die heilige Hildegard von Bingen dagegen hatte eine ganz andere Erklärung für die Entstehung der edlen Minerale: „…Im Osten und wo allzu heftige Sonnenglut herrscht, entstehen die Edelsteine. Die Berge in jenen Gegenden haben von der Sonnenglut Hitze wie Feuer, und die Flüsse dort sind von ihr immer heiß, so dass zuweilen eine Überschwemmung dieser Flüsse losbricht und sie zu jenen Bergen emporsteigen. Es werden dann die ebenfalls von der Sonnenhitze glühenden Berge von ihnen berührt, und wo das Wasser mit dem Feuer zusammentrifft, werfen sie Schaum aus, wie es bei feuerglühenden Eisen oder feuerflüssigen Steinen ist. Nun bleibt hier der Schaum haften und erstarrt während dreier oder vier Tage zu Stein…. Je nach Temperatur dieser Tagesstunden bekommt der Schaum Farbe und Kräfte und wird zu Edelsteinen verhärtet.“
Wenn man auch über die Entstehung der Edelsteine in der Antike und im Mittelalter durchaus geteilter Meinung war, an der Faszination, die sie auf die Menschen ausübten, gab es nie einen Zweifel. Obwohl moderne Röntgentechniken und die Chemie den Aufbau der Kristalle mittlerweile bis ins Kleinste aufklären konnten und den Mineralen damit einen Teil ihrer Mystik genommen haben, hat sich daran bis heute nichts geändert. Ob als Schmucksteine, Talismane oder Heilsteine, noch immer spielen die Steine eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben vieler Menschen.
Die Geschichte der Edelsteine liest sich wie ein Who is Who der Kulturen. Die Schönheit der Steine, ihre Farben und die Lichtbrechung der Kristalle begeisterten Menschen jeder Hautfarbe und jeden Alters. Den Besitzern seltener Edelsteine verhalfen die Minerale zu Wohlstand und Ansehen.
Bereits vor 6.000 Jahren wurde in manchen Regionen der Erde Lasurit – besser bekannt als Lapislazuli – entdeckt und verarbeitet. Die Sumerer verwendeten 3.000 Jahre später Carneol, Obsidian, Fluorit oder Achat, um daraus Rollsiegel herzustellen, Gebäude oder Statuen zu schmücken oder als Grabbeigabe. Sie stellten aber auch erste Verbindungen zwischen den Planeten und Edelsteinen her. Ausschlaggebend für die Zuordnung war die Farbe. Rote Steine passten perfekt zum Mars, grüne zur Venus, violette zum Saturn und gelbe zur Sonne.
Den Ägyptern waren zur selben Zeit bereits Malachit, Amethyst, Smaragd oder Granat bekannt. Sie wurden unter anderem als Talismane für Amulette verwendet. Bei Grabungen in Mesopotamien in der Gegend um Ur stieß man auf die letzte Ruhestätte der Königin Shubad (um 2.650 vor Christus), die ein Kleid aus den verschiedensten Edelsteinen – darunter Achat – als Todesgewand trug.
Hindus, Mohammedaner, Juden und Christen: Auch in allen Religionen spielten edle Steine als Schmuckstücke, Talismane, Amulette oder als Wundermittel eine wichtige Rolle. Mal sollten sie dazu dienen die Götter milde zu stimmen, dann wieder mussten sie dabei helfen, die bösen Geister oder Krankheiten zu vertreiben oder vor Naturgefahren zu schützen.
Stand: 07.07.2001