Man nehme: Ein wenig klassische Windenergietechnologie und ein bisschen moderne Offshoretechnologie aus der Erdgas und Erdölförderung und fertig ist die Offshore-Windanlage!? Diese Rechnung geht nicht auf.
Die enorme Belastung durch die viel höheren Windgeschwindigkeiten auf dem Meer, das aggressive Seeklima, der starke Wellengang und zusätzlich notwendige Überwachungs- und Kontrollsysteme führen dazu, dass die herkömmliche Technik angepasst werden muss. Neben einem guten Rostschutz und stabileren Rotorblättern als im Onshore-Bereich, ist es vor allem die Verankerung am Meeresboden, die darüber entscheidet, ob die WEA den beständigen Wechsel zwischen Ruhephasen und tobendem Meer schadlos übersteht.
50 Meter Wassertiefe sind zu viel
Fast überall, wo bisher Offshore-Windparks entstanden sind, haben die Anlagenbauer auf bodenmontierte Systeme gesetzt. Je nach Situation vor Ort – entscheidend sind vor allem die Wassertiefe, der Wellengang und die Bodenbeschaffenheit – können sowohl einzelne in den Boden gerammte Stahlpfeiler, die den Turm des Windrades bis in den Untergrund verlängern, oder an Land gegossene Betonsockel zur Befestigung genutzt werden. Diese Fundamente haben ein Gewicht von vielen Hundert Tonnen und fixieren die Anlage einfach aufgrund der Schwerkraft. Eine andere Möglichkeit sind im Boden befestigte Dreibeinkonstruktionen, die die Windräder festhalten.
Aber auch mit der besten Technik sind keine Wunder möglich. Längst nicht alle Bereiche der Nord- oder Ostsee kommen für Offshore-Windparks in Frage. Verkehrszonen, Meeresgebiete mit einer Bodenneigung von über fünf Grad oder mit Wassertiefen von mehr als 50 Metern fallen erst einmal für eine Stromproduktion aus. Auch Naturschutzgebiete, reiche Fischgründe oder militärische Sperrgebiete sind für Offshore-Windparks tabu. In den verbleibenden Gebieten müssen dann natürlich noch die Windbedingungen stimmen, damit sich ein Offshore-Projekt auch wirtschaftlich lohnt.
Neue Technik für moderne Windparks
Die REpower 5M, die Enercon E 112 – taugliche technische Lösungen für den Offshore-Bereich gibt es heute bereits einige. So verschieden sie zum Teil auch sein mögen, einige wichtige Prinzipien sind ihnen allen gemein: So haben serienreife oder beinahe serienreife Turbinen mittlerweile eine Leistung von bis zu fünf Megawatt (MW). Einige Windenergie-Anlagenhersteller planen und experimentieren sogar schon mit der nächsten Generation und einer Leistung von acht MW. Denn je geringer die Leistung, desto größer ist der Flächenbedarf der Windparks um eine bestimmte Menge Strom produzieren zu können.
Da die einzelnen Windkraftanlagen zudem einen Abstand von dem Acht- bis Zehnfachen des Rotordurchmessers haben müssen und manchmal hunderte davon in einem Windpark zusammengefasst sind, bedecken solche Offshore-Parks schnell riesige Meeresgebiete.
Ein Spinnennetz aus Windrädern
Wie die Maschen eines Spinnennetzes sind dabei alle Anlagen eines Projekts miteinander verbunden. Um Kosten zu sparen, müssen die Verbindungskabel dafür nicht unbedingt im Seeboden eingegraben werden. Vor allem in solchen Windparks, wo der Schiffsverkehr völlig untersagt ist, ist die freischwimmende Kabelverlegung die günstigste Methode zur Verbindung der Einzelanlagen.
Anders sieht das bei dem Seekabel aus, dass den Strom vom Windpark gesammelt zum Land bringt. Dieses bereitet den Anlagenbetreibern deshalb auch die meisten Sorgen. Je weiter ein Park vom Festland entfernt liegt und mit jedem Meter Wassertiefe steigen die Kosten für die Verlegearbeiten am Meeresboden erheblich. „Ein küstennaher Offshore-Windpark mit vielen Windturbinen in flachem Wasser ist besonders wirtschaftlich. Kleinere Windparks, die weiter weg in tieferem Gewässer stehen, sind deutlich teurer“, sagt dazu Holger Söker vom Deutschen Institut für Windenergie.
Doch nicht nur die Verlegung des Seekabels selbst ist sehr aufwändig und teuer, auch die Trassenführung sorgt bei jedem Offshoreprojekt häufig für Probleme – dies mussten schon die Anlagenbauer in Deutschland, Dänemark, Schweden und England erfahren. Immer dann, wenn das Kabel Naturschutzgebiete, Fischgründe oder Schutzzonen für Vögel oder Meeressäuger durchqueren soll, lassen die Proteste von Tier- und Umweltschützern meist nicht lange auf sich warten.
Stand: 20.04.2007