Phänomene

Wanted: Partner gesucht

Verständigung durch Morsezeichen

Glühwürmchen (Lampyris noctiluca) © V.I. Gumenyuk

In lauen Sommernächten sieht man sie noch. Blinkende Lichtpunkte schwirren plötzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Nacht in der Nähe von Waldrändern umher. Kurze Zeit später wiederholt sich die Signalfolge von Blättern in Bodennähe aus. Hinter dem selten gewordenen Schauspiel verbergen sich Glühwürmchen, die mithilfe von Biolumineszenz versuchen, einen Partner anzulocken. Hat ein Männchen die Aufmerksamkeit eines Weibchens erregt, folgt ein kurzer Dialog aus „Morsezeichen“, der dem Männchen hilft, den meist flugunfähigen Partner zu lokalisieren. Die Signale sind dabei arttypisch und unterscheiden sich in Dauer und Rhythmus. Manche senden Dauerlicht aus, andere eine Kette von Einzelsignalen. Doch längst nicht immer treffen sie auch wirklich auf ein Weibchen ihrer Art.

Glühwürmchen © Konstantin Korzhavin

Räuberische Leuchtkäfer-Arten nutzen die Morsezeichen oft für eigene Zwecke aus. Weibchen der Gattung Photuris beispielsweise ahmen die Blinksignale der Photinus-Weibchen nach. Die Männchen fallen prompt darauf herein und werden verspeist.

Probleme bereiten den Glühwürmchen auch die zunehmende Zahl künstlicher Lichtquellen in Siedlungsgebieten. Immer wieder kommt es hier vor, dass die nachtaktiven Käfer ein Licht anfliegen, um dann enttäuscht festzustellen, dass es sich um eine Laterne anstelle des erhofften Partners handelt. Schlimmstenfalls erleiden sie Verbrennungen oder fallen Räubern zum Opfer, die ebenfalls durch die Lichtquelle angelockt wurden.

Doch wie gelingt es den Glühwürmchen ihr Licht ein- und auszuschalten? Hier steht die Wissenschaft noch vor einem Rätsel. Forscher vermuten, dass die Käfer einen Weg gefunden haben, die Sauerstoffzufuhr zu kontrollieren, die sie zur enzymatischen Luciferase-Reaktion benötigen.

Warnsignale

Bei einigen Glühwürmchen-Arten leuchten lediglich die Larven, nicht aber die ausgewachsenen Tiere. Hier jedoch hat das Leuchten eine andere Funktion als bei den ausgewachsenen Tieren. Es ist ein Warnsignal für Räuber, das die Nachricht vermittelt: „Vorsicht, ich schmecke widerlich und habe giftige Substanzen, die Du nicht verträgst.“ Diese Larven verstärken ihre Leuchtkraft bei einer Störung.

Besonders auffällig sind die Federleuchtkäfer. Sie sind in der neuen Welt heimisch und mit den hiesigen Leuchtkäfern nah verwandt. Die Weibchen sind flügellos und behalten ihr Leben lang ihre Larvengestalt bei. Ihre Leuchtorgane sind wie die der Larven als seitliche Reihen am Hinterleib angeordnet und leuchten gelb oder grün. Ein sehr ungewöhnliches Phänomen ist jedoch das zusätzliche Leuchtorgan am Kopf, das eine rote Farbe aussendet. Das Vorkommen von zwei verschiedenen Farbvarianten ist einzigartig an Land. Forscher haben zwei verschiedene Formen von Luciferin und Luciferase in den Tieren gefunden. Sie vermuten, dass dies dazu dient, mögliche Räuber zu verwirren oder in die Flucht zu schlagen.

Leuchtendes Holz

Doch Glühwürmchen und ihre Verwandten sind nicht die einzigen Lebewesen an Land, die Biolumineszenz einsetzen. Auch der Hallimasch bedient sich dieses Phänomens, um Insekten anzulocken, die seine Sporen weiterverbreiten. Dieser Pilz gehört zu den langlebigsten und größten Organismen weltweit. Der größte Vertreter aus der Gattung Armillaria kann bis zu 8,9 Quadratkilometer Fläche überziehen und 1.000 Jahre alt werden. Da er als Parasit auf Bäumen und Büschen lebt, scheint es so, als ob diese Hölzer in völliger Dunkelheit glühen würden.

Dieses grünliche Licht, das der Pilz abstrahlt galt in früheren Jahrhunderten oft als Mysterium. Legenden, die das unheimliche Glühen beschreiben, finden sich bei den Griechen, Römern und Amerikas Ureinwohnern. Doch auch die praktische Seite wurde bereits in frühen Jahren erkannt. So beschreibt der schwedische Historiker Olaus Magnus beispielsweise 1652, dass die Leute in Skandinavien leuchtende Hölzer in den Boden gesteckt haben, wenn sie in die dichten Wälder vorgedrungen sind. Auf diese Weise konnten sie anschließend anhand der Lichter ihren Weg zurückfinden.

Rauchsignale unter Wasser

Muschelkrebse © NOAA

Obwohl Biolumineszenz im Meer häufiger auftritt als an Land, wird sie zur Anlockung eines Partners jedoch eher selten eingesetzt. Zwar haben fast alle Ruderfuß- und Muschelkrebse spezielle Leuchtdrüsen, diese dienen aber hauptsächlich zur Ablenkung, um Feinden zu entkommen. Sie blinken auch nicht, sondern stoßen kleine leuchtende Wolken aus. Nur einige Vargula Arten senden Signale an ihre Partner. Die Nachrichten sind dabei in der Häufigkeit des Lichtausstoßes, der Schwimmrichtung und dem Zeitpunkt verschlüsselt und gleichen eher Rauchsignalen als Morsezeichen. Bei Tintenfischen entwickeln die Weibchen zur Geschlechtsreife spezielle Leuchtorgane an den Enden ihrer Fangarme, um Männchen auf sich aufmerksam zu machen.

Vollmondnächte in der Karibik. Immer wieder kommt es vor, dass die gesamte Wasseroberfläche für kurze Zeit in einem grünlichen Schimmer leuchtet. Verantwortlich für dieses einzigartige Schauspiel ist der Bermuda-Feuerwurm Odontosyllis enopla. Zu bestimmten Mondphasen kommen die Tiere im seichten Wasser an die Oberfläche um sich zu paaren. Dabei setzen sie ihre Leuchtfähigkeit während der Geschlechtsreife zur Partnerfindung ein. Viele Tourismusbetriebe nutzen dieses Phänomen für sich und bieten ihren Gästen so genannte „Glow Worm Cruises“ an.

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Stand: 30.08.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Es werde Licht…
Das Phänomen der Biolumineszenz

Geisterlichtern auf der Spur
Vom Mysterium zur chemischen Formel

Leuchtende Köder
Mit Tricks auf Beutefang

Nur ein Punkt unter vielen
Tarnvorrichtung aktiviert

Wanted: Partner gesucht
Verständigung durch Morsezeichen

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