Sie umgeben uns überall und sind sogar in uns: Kristalle prägen unseren Alltag ebenso wie unseren gesamten Planeten. Aus ihnen bestehen die Minerale, Metalle und Gesteine von Erdkruste und Erdmantel, sie stecken aber auch in jedem unserer Knochen oder in unserem Zahnschmelz. Ohne Kristalle besäßen wir zudem weder Computer noch unzählige andere technische Errungenschaften.
Regelmäßig und symmetrisch
Während wir bei Quarz, Diamanten oder anderen Edelsteinen ziemlich leicht erkennen, dass es sich um Kristalle handelt, ist dies bei anderen Feststoffen weniger leicht. Dennoch gehören auch die Gesteine oder der Stahlträger dazu. Ihre Gemeinsamkeit ist, dass sie auf Atom- und Molekülebene betrachtet keine unregelmäßigen, amorphen Gebilde sind, sondern eine regelmäßige Gitterstruktur besitzen. Anders ausgedrückt: Kristalline Festkörper haben in der Regel eine dreidimensionale, periodische und symmetrische Grundordnung.
Bei einigen Kristallen ist diese Grundordnung unübersehbar, beispielsweise beim Salz oder Zucker. Ihre Würfelform tritt immer deutlich zutage, egal ob beim groben Meersalz, bei großen Steinsalzbrocken oder feinstem Puderzucker. Der Grund dafür: Die kleinste sich wiederholende Einheit in ihrem Kristallgitter, die Elementarzelle, ist bei diesen Kristallen kubisch. Beim Wassereis ist die Elementarzelle dagegen hexagonal, deshalb haben Eiskristalle meist sechs Spitzen oder Kanten. Insgesamt unterscheidet man sieben grundlegende Kristallsymmetrien, die sich in 32 Kristallklassen weiter aufgliedern lassen.
Von simpel bis hochkomplex
Welche Struktur ein Kristall besitzt, wird durch die Größe der Atome und Moleküle, aber auch durch die Anordnung ihrer Elektronen bestimmt. So bestimmt beispielsweise die Zahl der Außenelektronen, wie viele Bindungen zu Nachbarn ein Kristallbaustein eingehen kann. Im Kochsalz ist jedes Natriumion dadurch von sechs Chloridionen umgeben und umgekehrt. Im Diamant besteht das Gitter aus Kohlenstoffatomen, die jeweils vier Bindungen mit ihren Nachbarn eingehen.
Es geht aber auch sehr viel komplexer: Im November 2016 haben Forscher in Tansania ein neues Mineral entdeckt, das winzigen silbrigen Fädchen ähnelt. Erst Analysen mit Hilfe der Raman-Spektroskopie und im Raster-Elektronenmikroskop enthüllten, dass dieses Merelaniit getaufte Mineral eine einzigartige und hochkomplizierte Struktur besitzt. Bei dieser sind wechselnde Schichten aus Molybdän-Disulfid und Bleisulfid wie Tabakblätter zu Zylindern aufgerollt.
Ebenfalls für Überraschung sorgte im Jahr 2014 ein ungewöhnlicher, in Venezuela gefundener Goldklumpen. Denn er entpuppte sich bei näherer Untersuchung als der größte bekannte Einkristall dieses Edelmetalls. Das gut 200 Gramm schwere Goldnugget ist demnach in einem Stück auskristallisiert und nicht nachträglich – wie oft der Fall – aus verschiedenen kleineren Metallstücken verschmolzen.
Nadja Podbregar
Stand: 13.01.2017