Ardi konnte es, Lucy auch und selbst das erst drei Jahre alte Mädchen von Dikika war dazu in der Lage: Sie alle beherrschten den aufrechten Gang. Irgendwann vor fünf bis sieben Millionen Jahren muss dieser richtungsweisende Entwicklungsschritt gelungen sein. Passiert ist das Ganze höchstwahrscheinlich in Afrika, das bereits seit langem als „Wiege der Menschheit“ gilt.
Klimawandel schuld an Menschwerdung?
Schon lange vermuten Wissenschaftler, dass Veränderungen im Klima, in der Vegetation und damit auch in den Landschaften für den notwendigen Schub in der Evolution sorgten. Neben der Aufspaltung von Mensch und Affe entwickelten sich damals nachgewiesenermaßen auch viele neue Tier- und Pflanzenarten.
Alles begann vermutlich damit, so das bisherige Szenario der Evolutionsforscher, dass Ostafrika zu der damaligen Zeit langsam aber sicher immer trockener wurde. Die ehemals vorherrschenden dichten Wälder verschwanden nach und nach und machten offenen Savannen Platz – die Umweltbedingungen für alle Lebewesen veränderten sich dadurch dramatisch. Anpassung war nötig.
Doch wie unseren Urahnen dies gelang und wie sie das Laufen und damit die ersten Schritte zur Menschwerdung lernten ist noch nicht genau wissenschaftlich belegt. Nach diesen Wurzeln sucht deshalb seit einiger Zeit ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstütztes Großprojekt. Im Jahr 2006 haben die Wissenschaftler von „Rift dynamics, uplift and climate change in Equatorial Africa“, kurz RiftLink, unter der Leitung von Professor Georg Rümpker von der Universität Frankfurt in Ostafrika mit ihrer Arbeit begonnen.
Projekt RiftLink
Wichtigster Forschungsschwerpunkt sind die Ruwenzori-Berge. Dabei handelt es sich um einen Teil des ostafrikanischen Riftsystems in Uganda. Mit mehr als 5.000 Metern erreicht er eine ungewöhnliche Höhe in einer Region, die ansonsten von Grabenbrüchen geprägt wird. Das internationale Wissenschaftlerteam bestehend aus Geologen, Biologen, Paläontologen und Geophysikern will klären, wie es dort zur Gebirgsbildung kam und welchen Einfluss sie auf das Klima und die Veränderung der Ökosysteme und damit letztlich die Evolution des Menschen hatte.
Eines der Ziele der Forscher ist es, Daten für ein komplexes Computermodell zu sammeln, das klimatische, biologische und geologische Entwicklungen in den letzten Jahrmillionen miteinander verknüpft und in Beziehung setzt. Paläontologen suchen deshalb in Ostafrika nach Spuren von bisher unbekannten Vormenschen und urzeitlichen Tieren und Pflanzen, Biologen gehen auf Schneckenjagd und Geologen sammeln Gesteinsproben. Geophysiker dagegen haben rund 20 seismologische Messstationen errichtet, die die geologischen Vorgänge im Erdinneren „erlauschen“ sollen.
Noch sind die Forscher mit der Auswertung ihrer Daten beschäftigt, erste Ergebnisse von RiftLink werden aber bereits in Kürze erwartet.
Plattentektonik hatte die Finger im Spiel
Einen Schritt weiter sind dagegen schon Geowissenschaftler um Royhan und Nahid Gani von der Universität von Utah. Sie untersuchten im Jahr 2006 in Ostafrika, ob globale Klimaveränderungen schuld waren an dem tiefgreifenden Wandel von Klima und Natur zurzeit der Menschwerdung oder doch Veränderungen in der lokalen Topografie.
Klar ist: Wie ein Reiter auf seinem Pferd, sitzt Afrika auf mehreren tektonischen Platten: Westlich des ostafrikanischen Rift-Grabens liegt die Afrikanische, östlich davon die Arabische Platte. Seit rund 45 Millionen Jahren bewegen sie sich langsam aber sicher auseinander. Verantwortlich dafür ist aufströmendes glühend heißes Magma genau unter der Plattengrenze. Dies ließ nicht nur den sich vom Hochplateau Äthiopiens bis hin zum südafrikanischen Karoo-Plateau reichenden Rift-Graben entstehen, sondern türmte auch beiderseits des Tales hunderte von Kilometern lange Gebirgszüge auf.
Die Forscher untersuchten in ihrer Studie nun die Entstehung eines Höhenzugs, der parallel zum Ostafrikanischen Graben von Nord nach Süd durch Ostafrika führt – und speziell das rund 480 Kilometer breite Äthiopische Plateau. Das Ergebnis ihrer geologischen Analysen: Die stärkste Hebung fand dort ziemlich genau zu der Zeit statt als auch die ersten Vormenschen erschienen: vor sechs bis drei Millionen Jahren. Ähnliche Ergebnisse liegen nach Angaben der Forscher mittlerweile auch für andere Teile der so genannten Afrikanischen Mauer vor.
Ostafrika trocknete aus
„Offensichtlich ist die Afrikanische Mauer erst innerhalb der letzten sieben Millionen Jahre zu einer so prominenten Erhebung geworden“, erklärt Gani. „Damit spielte sie auch eine wichtige Rolle für die zunehmende Austrocknung Ostafrikas, da sie der vom Osten her über den Kontinent ziehenden feuchten Monsunluft das Wasser entzog.“ Der Gebirgszug stellte für die feuchten Luftmassen eine massive Barriere dar und sorgte so dafür, dass es jenseits davon weniger regnete.
Stand: 22.01.2010