Die Büchse der Pandora ist geöffnet, immer mehr Bakterien haben Resistenzen ausgebildet. Was aber können wir dagegen jetzt noch tun? Oder ist es bereits zu spät? Werden sich die resistenten Bakterien immer weiter ausbreiten, während wir machtlos zusehen müssen?
So weit ist es glücklicherweise noch nicht. Noch kann etwas getan werden und was getan werden muss, ist im Grunde simpel: Weniger Antibiotika verwenden. Dann ist die Selektion zugunsten der resistenten Erreger nicht so stark, es können sich gar nicht erst große Kolonien antibiotikaunempfindlicher Bakterien bilden. Dann wäre auch der Austausch resistenztragender Gene auf andere Stämme vermindert. Mit der Zeit würde die Population der bereits bestehenden resistenten Bakterien zurückgehen, denn oft sind diese unter natürlichen Umständen anderen Bakterien unterlegen. Im Gegensatz zu antibiotikaempfindlichen Stämmen müssen resistente Organismen mehr Energie in die entwickelten Abwehrmechanismen investieren. Diese Energie fehlt dann zum Beispiel bei der Vermehrung.
Den Konsum runterschrauben
In vielen Fällen ist es leicht, den Konsum von Antibiotika runter zu schrauben. Etwa 20 bis 50 Prozent der verschriebenen Antibiotika helfen bei Halsschmerzen, Husten oder Schnupfen, wären also gar nicht unbedingt nötig gewesen. Patienten, die unbedingt Antibiotika verlangen, sollten vom Arzt auf die Risiken und auf sinnvolle Alternativen aufmerksam gemacht werden. In den Niederlanden etwa verschreiben Ärzte bereits seit einigen Jahren bei einer Mittelohrentzündung erst nach drei Tagen Antibiotika verschrieben, wenn die Entzündung bis dahin noch nicht spontan ausgeheilt ist. Das hat zur Folge, dass in Holland nahezu keine resistenten Keime für diese Entzündung entstehen.
Ist es wirklich nötig, ein Medikament mit bakterientötender Wirkung einzusetzen, so sollten die Bakterien zunächst identifiziert werden, um die Behandlung auf den entsprechenden Stamm und die Konzentration der Erreger abzustimmen. Sogenannte Breitbandantibiotika richten oft mehr Schaden an, als sie nutzen. Um zu vermeiden, dass einige Erreger überleben, sollte die Therapie keinesfalls vorzeitig abgesetzt werden.
Es ist relativ einfach zu sagen, ab jetzt wird keine Behandlungen mehr frühzeitig abgebrochen. Gerade in ärmeren Ländern jedoch ist das Geld für eine ausreichend lange Therapie oft nicht vorhanden. Bei Tuberkulose-Erkrankungen zum Beispiel ist es notwendig, die Antibiotika bis zu acht Monate einzunehmen, damit keine resistenten Bakterien im Körper gezüchtet werden. Reichen die Medikamentenvorräte jedoch nur für einige Wochen, nutzt selbst das Wissen um die Gefahr nicht viel. Dabei ist eine abgebrochene Therapie gerade bei Tuberkulose schädlicher als gar keine, denn sind erst resistente Erreger in größerer Zahl vorhanden, kann eine nachfolgende Therapie häufig nicht mehr helfen.
Oft ist die Lage also nicht so einfach. Auf Antibiotika im Tierfutter kann jedoch verzichtet werden, wenn man bestimmte hygienische Vorschriften befolgt. Schweden ist hier Vorreiter, dort finden Antibiotika schon seit Jahren keinen Einsatz mehr in der Masthilfe eingesetzt. Auch in Krankenhäusern gibt es zahlreiche sinnvolle Ansätze, die Ausbreitung multiresistenter Erreger zu unterbinden. Denn gerade hier ist die Übertragung auf andere Patienten über das Pflegepersonal zu befürchten. Studien zufolge könnten etwa ein Drittel aller im Krankenhaus übertragenen Keime durch einfache Hygieneregeln verhindert werden. Deshalb sollte das Personal penibel auf ausreichende Desinfektion achten.
Noch sind wir nicht so weit, uns den Bakterien wieder vollends unterwerfen zu müssen. Und wir sollten zusehen, dass es auch nicht dazu kommt…
Stand: 15.06.2000