Was hier in der isolierten Vakuumkammer leuchtet, ist ein Relikt aus der Frühzeit unseres Sonnensystems. Denn das kleine Gesteinsbröckchen stammt vom Asteroiden Ryugu und ist eine der Proben, die die japanische Raumsonde Hayabusa 2 vom Asteroiden gesammelt und im Dezember 2020 zur Erde zurückgebracht hat. Hier wird gerade die Zusammensetzung der Sauerstoff-Isotope in einer dieser Proben ermittelt.
Asteroiden und Kometen sind wichtige Zeitzeugen aus Anfängen unseres Sonnensystems, denn viele von ihnen entstanden gemeinsam mit den Planeten in der solaren Urwolke. Um mehr über die Zusammensetzung dieses Milieus und der in ihm stattfindenden Prozesse zu erfahren, waren Wissenschaftler bisher vorwiegend auf Meteoriten angewiesen. „Zuvor hatten wir nur eine Handvoll von Gesteinsbrocken für unsere Analysen und alle stammten von Meteoriten, die zur Erde fielen und teils Jahrzehntelang in Museen aufbewahrt wurden, was ihre Zusammensetzung verändert hat“, erklärt Nicolas Dauphas von der University of Chicago.
Proben vom Asteroiden Ryugu
Doch mit der Probenmission Hayabusa 2 hat sich dies geändert: Die japanische Raumsonde nahm Anfang 2019 mehrere Proben von der Oberfläche Asteroiden Ryugu – eines auffällig eckigen gut 500 Meter großen Brockens, dessen Entstehung und ungewöhnlichen Merkmale bisher Rätsel aufgeben. Im Dezember 2020 brachte die Raumsonde dann insgesamt fünf Gramm Asteroidenmaterial zur Erde zurück, das in einer Kapsel mit Fallschirm zur Erdoberfläche hinunterschwebte.
„Das ist ein großer Erfolg. Minimalziel der Mission war es, etwa 0,1 Gramm zu gewinnen“, erklärt Andreas Pack von der Universität Göttingen. „Um diese Probe zu sammeln, legte die Sonde eine Strecke von schwer fassbaren 5,4 Milliarden Kilometern zurück.“ Nur eine kleine Zahl von Laboren weltweit erhielt Teile der Probe für erste Analysen – die Göttinger Planetenforscher bekamen ein Stückchen von 2,4 Milligramm. Ihr Isotopenlabor gehört zu den weltweit wenigen Labors, die die neben den Sauerstoffisotopen O16 und O18 auch das seltene O17 präzise analysieren können.
Sauerstoff-Isotopen auf der Spur
In diesem Bild ist ein Teil dieser Probe bei der Isotopenanalyse der in den Mineralen enthaltenen Sauerstoffatome zu sehen. Bei dieser Laserfluorinierung wird die Probe mit einem Laserstrahl erhitzt und der Sauerstoff aus den Mineralen freigesetzt. Dann wird das resultierende Gas gereinigt und in einem speziellen Massenspektrometer auf die Isotopen hin analysiert. „Die Analyse war sehr anspruchsvoll, es durfte diesmal wirklich nichts schief gehen“, sagt Pack.
Die Analysen der Hayabusa-Proben durch verschiedene Forschungsteams haben ergeben, dass der Asteroid Ryugu einer besonders seltenen Klasse von Asteroiden gehört, den kohligen Chondriten vom Ivuna-Typ. Diese Brocken ähneln in ihrer chemischen Zusammensetzung noch stark der solaren Urwolke, sie sind gewissermaßen ein Relikt der Gase, aus denen vor gut 4,5 Milliarden Jahren einst die Sonne entstand.
Kosmische Schlammkugel
Gleichzeitig enthüllten die Untersuchungen aber auch, dass das Asteroidenmaterial in den ersten fünf Millionen Jahren nach der Entstehung des Sonnensystems mit Wasser getränkt gewesen ein muss. „Man muss sich ein Konglomerat von Eis und Staub vorstellen, das unter dem Einfluss des radioaktiven Zerfalls der radioaktiven Elemente in seinem Inneren allmählich schmolz und zu einer Art Schlammkugel wurde“, erklärt Dauphas. Erst danach verdampfte das Wasser durch den Einfluss der Sonne wieder. Das könnte auch erklären, warum Ryugu so lose zusammengefügt und eckig ist.
Noch sind die Analysen der Proben vom Asteroiden Ryugu noch lange nicht abgeschlossen. Ein Teil des kostbaren Probenmaterials wird zudem unberührt aufbewahrt, damit es in Zukunft mit noch moderneren Methoden untersucht werden kann – ähnlich wie es die NASA vor gut 50 Jahren mit den Mondgesteinsproben der Apollo-Missionen getan hat. „Wir lernen heute noch immer neues von diesen alten Proben, weil unsere Messinstrumente und Technologien weiter entwickelt sind“, erklärt Dauphas‘ Kollege Andrew Davis. „Das gleiche wird für die Ryugu-Proben der Fall sein.“ (Science, 2022; doi: 10.1126/science.abn7850)
Quelle: University of Chicago, Georg-August-Universität Göttingen