Achtung Blutsauger: In diesem Sommer gibt es besonders viele Zecken – so viel wie nie in den letzten zehn Jahren, wie Forscher ermittelt haben. Der extreme „Zeckensommer“ erhöht das Risiko, von diesen Blutsaugern gebissen zu werden. Damit ist auch die Übertragung von Krankheiten wie Hirnhautentzündung oder Borreliose vermehrt möglich. Im Schnitt jede vierte Zecke in Deutschland trägt die Erreger der Lyme-Borreliose in sich.
Rund 20 Zeckenarten gibt es bei uns in Deutschland – und sie sind gerade jetzt im Sommer aktiv. An Gräsern, Büschen oder anderem Unterholz warten sie auf ihre Beute – meist kleinere Säugetiere, aber auch Hunde, Katzen oder uns Menschen. Gelangt die Zecke auf die Haut, beißt sie zu und saugt Blut. Dabei gibt sie einen Teil des Blutes vermischt mit ihrem Speichel wieder zurück – und genau hier droht Gefahr. Denn vor allem der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) kann bei uns die viralen Verursacher der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen, aber auch die bakterielle Lyme-Borreliose.
Mehr als in den letzten zehn Jahren
Jetzt melden Zeckenforscher, dass dieser Sommer besonders zeckenreich werden wird. „In diesem Jahr ist das Risiko insgesamt besonders hoch“, sagt Gerhard Dobler vom Deutsches Zentrum für Infektionsforschung. „Wir werden die höchste Zahl an Zecken in den letzten zehn Jahren haben.“ Auf Basis ihrer Prognosemodelle und regelmäßiger Stichproben sagen die Forscher für 2018 443 Zecken pro standardisierter Fläche voraus.
„Wir haben die höchste Zahl von Zecken, die wir seit Beginn der Untersuchungen gesammelt haben – gut für die Zecken, schlecht für uns“, sagt Dobler. Zum Vergleich: 2017 waren es nur 180 Zecken auf gleicher Fläche. Für Spaziergänger und alle, die sich im Grünen aufhalten bedeutet dies: Sich nach jedem Aufenthalt im Freien sorgfältig absuchen, um Zecken möglichst noch vor dem Biss zu entdecken und zu entfernen. Auch lange, in die Strümpfe gestopfte Hosen machen es den Blutsaugern schwerer, an die Haut zu gelangen.
Ursachen: Milder Winter und Bucheckernmast
Der Grund für die Zeckenschwemme ist eine Kombination mehrerer Faktoren, wie die Forscher erklären. Der eine sind milde Winter. Sie fördern Aktivität und Gedeihen der Blutsauger. Zudem können sich durch den Klimawandel inzwischen auch südlichere Zeckenarten bei uns in Deutschland halten. Gleichzeitig verschieben sich auch die Risikogebiete für die FSME-Hirnhautentzündung immer weiter nach Norden.
Der zweite Faktor ist die Bucheckernmast: Studien zeigen, dass zwei Jahre nach einem besonders Bucheckern-reichen Herbst immer besonders viele Zecken vorkommen. Weil durch die reichliche Baumsamen-Nahrung die Zahl kleinerer Säugetiere steigt, finden die Zecken in der Folgezeit besonders viel Beute und vermehren sich rasch. 2016 war ein solches Bucheckernjahr – und dieses Jahr bekommen wir die Zeckenquittung dafür.
Risiko für Borreliose und FSME
Die Gefahr: Beim Biss von Zecken können zwei ganz unterschiedliche Krankheiten übertragen werden. Die Lyme-Borreliose ist in ganz Deutschland verbreitet – im Schnitt jede vierte Zecke trägt die Bakterien in sich. Gegen diese Erkrankung gibt es keine Impfung, sie kann aber mit Antibiotika behandelt werden. Warnzeichen einer Infektion können eine Rötung um die Bissstelle sein und nach einigen Tagen grippeähnliche Symptome. Wird die Borreliose nicht erkannt, können als Spätfolgen Lähmungen, Gelenkschmerzen und Herzprobleme auftreten.
Regional sehr unterschiedlich ist dagegen das Risiko für die zweite von Zecken übertragenen Krankheit: die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Gegen diese virale Hirnhautentzündung gibt es kein wirksames Heilmittel, wohl aber eine Schutzimpfung. FSME-Risikogebiete liegen vor allem in Süddeutschland, mit dem Klimawandel breitet sich die Gefahrenzone jedoch allmählich weiter nach Norden aus.
Um der Gefahr einer Hirnhautentzündung vorzubeugen, sollte man sich impfen lassen, so der Appell der Wissenschaftler. Insbesondere im süddeutschen Raum, wo die Dichte an Viren-infizierten Zecken höher ist.
(Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, 29.06.2018 – NPO)