Biologie

Fische erkennen unsere Gesichter

Trotz einfachem Gehirn lernen Schützenfische menschliche Portraits zu unterscheiden

Sxhützenfische lernen verblüffend gut, menschliche Gesichter zu unterscheiden - und bekannte Portraits gezielt anzuspucken. © University of Oxford

Überraschende Fähigkeiten: Die Fähigkeit, bekannte Gesichter wiederzuerkennen, erfordert offenbar weniger Hirnschmalz als gedacht. Denn sogar Fische lernen verblüffend gut, menschliche Portraits zu unterscheiden. In einem Experiment mit Schützenfischen lag ihre Trefferquote bei immerhin gut 80 Prozent. Das belegt, dass sogar Tiere ohne Großhirn die vermeintlich komplexe Aufgabe der Gesichtserkennung bewältigen können, so die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“.

Für uns Menschen ist es enorm wichtig, die Gesichter unserer Mitmenschen zu erkennen und auseinanderzuhalten – schließlich verrät uns dies, ob wir Freund oder Feind, Bekannte oder Unbekannte vor uns haben. Kein Wunder, dass wir sogar spezielle Hirnareale eigens für die Gesichtserkennung besitzen. In ihnen feuern bestimmte Neuronen, wenn wir ein bekanntes Gesicht sehen.

„Eine große Zahl von menschlichen Gesichtern zu unterscheiden, ist überraschend schwer“, erklärt Erstautor Cait Newport von der University of Oxford. „Deshalb ging man davon aus, dass nur Primaten mit ihrem großen und komplexen Gehirn diese Aufgabe beherrschen.“ Dagegen spricht allerdings, dass auch einige Vögel und Hunde lernen können, menschliche Gesichter auseinander zu halten.

Portraits als Spuckziel

Jetzt liefern Newport und seine Kollegen den ersten Beweis dafür, dass sogar die neurologisch eher simpel gestrickten Fische Gesichter unterschieden können. „Fischen fehlt der Hirnbereich, den Menschen für die Gesichtserkennung nutzen“, erklärt Newport. „Sie sind daher gut geeignet um zu testen, ob auch solche einfacher strukturierten Gehirne solche komplexen Aufgaben lösen können.“

Zwei Portraits zur Auswahl: Welches ist das bereits bekannte? © University of Oxford

In ihrem Experiment zeigten die Forscher Schützenfischen (Toxotes chatareus) jeweils ein Paar menschlicher Portraits. Die Fische wurden darauf trainiert, jeweils nur eines dieser Gesichter mit einem Wasserstrahl anzuspucken. Dann paarten die Forscher die „Spuck-Gesichter“ mit jeweils einem unbekannten Portrait und prüften so, ob die Fische das bekannte Gesicht wiedererkennen und folglich anspucken.

Über 80 Prozent Richtige

Das verblüffende Ergebnis: In immerhin 81 Prozent der Fälle erkannten die Fische das bekannte Gesicht problemlos wieder. „Die Fische spuckten fast immer gezielt die Gesichter an, auf die sie trainiert worden waren“, so Newport. „Das belegt, dass sie die beiden Gesichter auseinanderhalten halten konnten.“

Diese Fähigkeit demonstrierten die Schützenfische selbst dann noch, als die Forscher die Portraitbilder nur noch in Schwarzweiß zeigten, ihre Helligkeit veränderten oder die Kopfform vereinheitlichten. „Selbst als wir die Gesichter veränderten und es damit für die Fische schwerer machten, schafften sie es noch, das Gesicht zu erkennen, auf das sie zuvor trainiert worden waren“, berichtet Newport. Die Trefferquote lag bei diesem Durchgang sogar bei 86 Prozent.

Geht auch ohne Großhirn

Diese Ergebnisse belegen, dass auch Tiere ohne Großhirn – dem Sitz höheren Denkens – eine so anspruchsvolle Aufgabe lösen können. Im Fall der Fische kommt noch hinzu, dass es für sie keinen biologischen Grund gibt, Menschenportraits zu erkennen. „Die Tatsache, dass Schützenfische dies lernen können, spricht dafür, dass für die Erkennung menschlicher Gesichter prinzipiell keine komplizierten Hirnstrukturen nötig sind“, sagt Newport.

Dass wir Menschen sogar ein eigenes Hirnareal nur für diese Aufgabe besitzen, liegt vermutlich daran, dass unsere Vorfahren in ihrem Alltag oft sehr schnell sehr viele Gesichter erkennen und unterscheiden mussten. „Die speziellen Strukturen zur Gesichtserkennung können eine große Anzahl an Gesichtern verarbeiten und speichern – und das unter ganz verschiedenen Sichtbedingungen und Perspektiven“, erklären die Forscher. (Scientific Reports, 2016; doi: 10.1038/srep27523)

(University of Oxford, 08.06.2016 – NPO)

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