Dem Klischee nach wollen Männer flüchtigen Sex, Frauen dagegen den Mann fürs Leben. Doch wie sich jetzt zeigt, kann sich das drastisch ändern – wenn akuter Frauenmangel herrscht, wie in einigen Gebieten Guyanas der Fall. Denn dann werden auch die sonst so treulosen „Macho-Männer“ des Makushi-Volks plötzlich ganz zahm und wollen nur noch das eine: die Frau fürs Leben.
Dieses Rollenklischee geht schon auf Charles Darwin zurück: Männer wollen flüchtigen Sex mit so vielen Frauen wie möglich, Frauen dagegen suchen eher die langfristige Bindung. Biologisch gesehen lässt sich dies begründen: Oft investiert das Weibchen deutlich mehr Energie und Zeit in die Aufzucht ihrer Jungen. Damit sich dieser Aufwand lohnt und die Jungen überleben, versucht sie daher, ihren Kindern einen möglichst fitten Vater zu verschaffen und damit eine genetisch günstige Ausstattung.
Biologisches Erbe auch beim Menschen?
Viele Biologen sehen aufgrund dieser biologischen Basis auch beim Menschen eine Tendenz zu geschlechtsspezifischem Rollenverhalten, quasi ein Relikt dieses tierischen Erbes. Allerdings gibt es auch zahlreiche Gegenbeispiele – sowohl im Tierreich wie auch bei menschlichen Kulturen. Welchen Einfluss die Auswahl für das Geschlechterverhalten spielt, haben Ryan Schacht von der University of Utah und seine Kollegen nun in einem ländlichen Gebiet Guyanas untersucht.
Sie befragten Männer und Frauen vom Volk der Makushi nach ihrer Beziehung und ihrer Einstellung zum Thema Partnerschaft. In dieser Region an der Grenze zu Brasilien herrscht auf den Dörfern oft Männerüberschuss, viele Frauen sind in die Städte gezogen. Für ihre Studie befragten die Forscher 300 Männer und Frauen aus acht Dörfern mit und ohne Männerüberschuss.
Monogam bei Frauenmangel
Das Ergebnis überraschte: „Allgemein zeigen die Makushi-Männer durchaus eine größere Neigung zu unverbindlichem Sex – wie es die Stereotype besagt“, so Schacht. Aber in den Dörfern mit Männerüberschuss war dies anders: Dort wünschten sich auch die Makushi-Männer monogame, langfristige Beziehungen, von Polygamie keine Spur. „Wenn Frauen schwer zu finden sind, dann werden sie zu einer wertvollen Ressource“, erklärt Schacht diesen Verhaltenswechsel. „Die Männer versuchen dann eher, einen Partner zu finden und zu behalten, denn wenn sie ihn verlieren, könnten sie keinen neuen mehr abbekommen.“
Entgegen landläufiger Annahme gab es auch weniger Aggression und Kämpfe der Männer um die Frauen, wie die Forscher beobachteten. Bei den Frauen machte es dagegen keinen Unterschied, ob sie nun viele oder weniger Partner zur Auswahl hatten: Sie bevorzugten immer die monogame, langfristige Partnerschaft – zumindest in diesem Punkt entsprachen sie dem Klischee.
Angebot und Nachfrage
Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies, dass das Beziehungsverhalten des Menschen weitaus komplexer ist als es das einfache Klischee wahrhaben will. „Es wird Zeit, dass wir uns von solchen stereotypen Annahmen über das Verhalten von Männern und Frauen verabschieden“, sagt Schacht. „Sex ist nur ein Faktor, der hier eine Rolle spielt: Die Verfügbarkeit von Partner spielt eine Rolle, der sozioökonomische Status und auch die Qualität der Kandidaten.“
Im Prinzip sei das Beziehungsverhalten ähnlich wie die Wirtschaft von Angebot und Nachfrage bestimmt. Und wenn Frauen knapp sind, dann fährt derjenige besser, der sich ihre Wünsche zu Eigen macht. (Royal Society Open Science, 2014; doi: 10.1098/rsos.140402)
(University of Utah, 14.01.2015 – NPO)