Ob im Gebirge, in nördlichen Breiten oder bei großer Tiefe: Rund ein Drittel aller Seen weltweit ist besonders klar und ihr Wasser schimmert eher bläulich als grün-braun. Doch mit zunehmender Erwärmung wird sich dies ändern, wie eine Studie nun nahelegt. Demnach könnte jeder zehnte See seine Farbe durch den Klimawandel verändern – und mit ihm seine Wasserqualität und fundamentale ökologische Eigenschaften.
Das Wasser eines Sees kann ganz unterschiedliche Färbungen haben, von klar-blau, über milchig grün bis bräunlich. Abhängig ist dieser Farbeindruck unter anderem vom Gehalt an Schwebstoffen und Nährstoffen, aber auch von der Menge und Art der im Seewasser wachsenden Mikroalgen und der Seetiefe. Zwar kann sich die Wasserfärbung eines Sees mit den Jahreszeiten verändern, dennoch hat jeder See meist eine charakteristische, dominierende Farbe.
Von blau zu grün
Doch diese Farbe ändert sich bei vielen Seen bereits: Durch die zunehmende Erwärmung und mildere, eisfreie Winter nehmen Algenblüten in vielen zuvor eher nährstoffarmen, kalten Seen zu. Als Folge wandelt sich ihre Farbe von eher bläulich zu grünlich-braun. „Wärmeres Wasser begünstigt Algenblüten und das verschiebt die Farbe des Seewassers in den grünlicheren Bereich“, erklärt Erstautor Xiao Yang von der University of North Carolina. „Es gibt viele Beispiele, wo dies bei einzelnen Seen schon beobachtet wurde.“
Vor allem bei einigen arktischen Seen haben Studien den Trend zum „Ergrünen“ gezeigt. „Aber bisher hat niemand die Seenfarbe auf globaler Ebene untersucht“, sagt Yang. Er und sein Team haben deshalb mehr als fünf Millionen Satellitenbilder von 85.360 Seen rund um die Welt ausgewertet und untersucht, welche dominierende Farbe sie in der Zeit von 2013 bis 2020 aufwiesen. Außerdem untersuchten sie die Einflussfaktoren für die Seenfarbe und schätzten basierend darauf die künftige Entwicklung ab.
Vor allem in nördlicheren Gefilden
Das Ergebnis: 31 Prozent aller Seen weltweit sind bisher blau – ihr Wasser schimmert wegen geringer Algendichte eher klar-bläulich als grünlich-braun. Diese Seen liegen meist in Regionen der höheren Breiten, in denen reichlich Niederschläge fallen und die Seen im Winter zufrieren. Tiefere Seen sind zudem häufiger blau als flachere. Insgesamt finden sich solche Seen nur auf 16 Prozent der irdischen Landfläche, wie das Team berichtet.
Doch das wird nicht so bleiben: „Wenn die Sommertemperaturen steigen und die winterliche Eisdecke verloren geht, dann werden die blauen Seen in vielen Regionen mit hohen Niederschlägen aufhören zu existieren“, berichten Yang und sein Team. „In diesen feuchten Zonen werden blaue Seen unwahrscheinlich, wenn die mittlere Sommertemperatur über 19 Grad ansteigt.“
Auch Seen in Deutschland betroffen
Konkret bedeutet dies: Wenn die globalen Sommertemperaturen aufgrund des Klimawandels um drei Grad ansteigen, könnten 14 Prozent aller heute noch bläulichen Seen einen Farbwandel durchmachen und „vergrünen“. Weil sich ihr Wasser erwärmt, wird ihre Algendichte steigen und damit wird sich auch die Wasserqualität insgesamt verändern. „Dies würde eine substanzielle Veränderung ihrer grundlegenden Ökologie bedeuten“, schreiben die Forschenden.
Betroffen wären vor allem Seen in Nordeuropa und dem nördlichen Nordamerika, aber auch im Norden Deutschlands gibt es einige Seen, die einen solchen Wandel erfahren könnten. Diese heute noch eher bläulichen Seen könnten sogar schon bei nur zwei Grad Erwärmung umschlagen, einige weiter südlich liegenden Seen Mitteleuropas schon bei einem Grad. (Geophysical Research Letters, 2022; doi: 10.1029/2022GL098925)
Quelle: American Geophysical Union