Wissenschaftler haben bei Ameisen einen bisher unbekannten selbstlosen Charakterzug entdeckt. Danach verlassen todkranke Tiere freiwillig das Nest, um irgendwo fernab des Ameisenstaates zu sterben. Sie wenden damit mögliche Gefahren für die Gemeinschaft – beispielsweise durch gefährliche Erreger – ab.
Todesfälle in der Natur sind zumeist nicht dem hohen Alter eines Tieres, sondern den Folgen einer Krankheit geschuldet. Krankheitserreger können sich dabei vor allen Dingen ausbreiten, wenn Tiere in engem Kontakt zueinander in einem gemeinsamen Nest leben.
Ansteckungsrisiko minimieren
Es erscheint daher logisch, dass sich gerade solch sozial organisierte Tiere etwas einfallen lassen, um der Übertragung tödlicher Erkrankungen auf andere Gruppenmitglieder entgegen zu wirken.
Wenn todgeweihte Einzeltiere ihre Gruppe verlassen, ist das ein effizienter Weg, um das Risiko der Ansteckung von Verwandten und anderen Gruppenmitgliedern zu minimieren. Beobachtungen deuten ein solches Phänomen für verschiedene Spezies an – unter anderem für Elefanten oder Löwen. Allerdings fehlten bislang größere quantitative Analysen für einzelne Tierarten.
Tod in Isolation
Biologen der Universität Regensburg wiesen dieses besondere Verhalten nun für Knotenameisen der Art Temnothorax unifasciatus nach. Das Team um Professor Jürgen Heinze vom Institut für Zoologie konnte zeigen, dass einzelne kranke Ameisen den Kontakt mit den anderen Nestbewohnern vermeiden, sich aktiv isolieren und das Nest verlassen, um allein und abseits ihrer Artgenossen zu sterben.
Den Forschern gelang dabei auch der Nachweis, dass das Verlassen des Nestes nicht auf ein besonderes Vorgehen der gesunden Artgenossen oder auf die Symptome der Krankheit zurückzuführen ist. Stattdessen legen die Beobachtungen der Forscher die Vermutung nahe, dass das aktive Verlassen des Nestes und der Tod in Isolation eine neuartige selbstlose Eigenschaft von einzelnen Ameisen-Arbeiterinnen darstellt, um den Bestand des gesamten Nestes nicht zu gefährden.
Selbstloser Charakterzug
Die Folgerungen des Regensburger Teams sind vor allem für Wissenschaftler interessant, die sich mit dem Sozialverhalten von Tieren im Allgemeinen, dem komplexen Prozess der Evolution, Alterungsprozessen oder auch Fragen der Ökologie beschäftigen.
Der Rückzug aus dem sozialen Bereich könnte generell ein bislang übersehener selbstloser Charakterzug von sozial organisierten Tieren sein, der in diesem Fall der Arterhaltung dient, schreiben die Forscher in „Current Biology“.
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(idw – Universität Regensburg, 01.02.2010 – DLO)