Zoologie

Menschen-Virus tötet Schimpansen

Aber: Schützende Effekte des Tourismus größer als Gefahr durch Mikroben

Christophe Boesch, Direktor des Schimpansen-Projektes am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, fordert bessere Hygiene-Maßnahmen beim Menschenaffen-Tourismus © MPI für evolutionäre Anthropologie

Die Öffnung von Gorilla- und Schimpansen-Reservaten für den Tourismus gilt bei vielen als Schlüssel für das Überleben dieser bedrohten Menschenaffen. Allerdings gibt es auch Bedenken, dass Urlauber die Tiere durch die Übertragung von Krankheitserregern gefährden könnten. Neue Forschungsergebnisse bestätigen dies: Forscher fanden erstmals einen direkten Beleg für die Virusübertragung von Menschen auf Menschenaffen.

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Allerdings zeigt die in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichte Studie auch, dass Forschung und Tourismus illegale Wilderei verringern. Dieser schützende Effekt überwiegt eindeutig die Sterblichkeit bei Schimpansen durch den Eintrag menschlicher Krankheitserreger.

„Die Ergebnisse zeigen, dass es wichtig ist, die Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern bei Wildtieren und Menschen intensiv zu erforschen“, sagt Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts, das zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie die neue Untersuchung durchgeführt hat. „Sie erinnern auch an das Potenzial bislang unbekannter Krankheitserreger im Tierreich“, so der Virologe weiter.

Mensch als Quelle für Erreger

Die Studie nutzt einen multidisziplinären Ansatz, mit Methoden aus der Verhaltensökologie, Veterinärmedizin, Virologie und Populationsbiologie, um die Spuren der menschlichen Krankheitserreger in zwei Schimpansen-Gruppen im Taï-Nationalpark an der Elfenbeinküste zu verfolgen. Gewebeproben von Schimpansen, die bei einer Serie von Krankheitsausbrüchen seit 1999 starben, testeten die Forscher positiv auf zwei typische Erreger von Atemwegserkrankungen bei Menschen, das „Respiratory Syncytal Virus“ (RSV) und das Metapneumovirus.

Die Virusstämme, die die Wissenschaftler um von Sophie Köndgen bei Schimpansen fanden, waren nah verwandt mit weltweit verbreiteten Stämmen, die gegenwärtig in menschlichen Bevölkerungsgruppen zirkulieren. Daher dürfte die Übertragung auf die Tiere noch nicht lange zurückliegen. Klinische Beobachtungen und demografische Analysen geben Hinweise auf frühere Ausbrüche bei den Tieren.

Die Präsenz der Wissenschaftler hat jedoch auch starke positive Effekte. Untersuchungen zeigten, dass die Gegenwart der Forscher die Wilderer-Aktivitäten in diesen Gebieten erheblich verringerten. Die Schimpansen-Dichte sowohl im Umfeld der Forschungsaktivitäten als auch an einem nahegelegenen Tourismus-Gebiet war daher viel höher als in den übrigen Gebieten des Nationalparks.

Größere Hygiene nötig

„Es muss stärker auf Hygiene-Maßnahmen bei Menschenaffen-Tourismus und bei Forschungsteams geachtet werden“, fordern Fabian Leendertz, Senior-Autor der Veröffentlichung, und Co-Autor Christophe Boesch, Direktor des Schimpansen-Projektes. Die beiden Wissenschaftler vom RKI beziehungsweise vom MPI in Leipzig untersuchen seit Jahren gemeinsam mit Kollegen Krankheitserreger bei Wildtieren. „Der multidisziplinäre Forschungsansatz ist nötig, um die unterschiedlichen Aspekte eines effektiven Menschenaffen-Schutzes zu vereinen“, unterstreicht Paul N`Goran, MPI und Schweizer Forschungszentrum, Elfenbeinküste.

Die Forschergruppe aus Leipzig und Berlin hatte bereits 2004 im Fachmagazin Nature die ersten jemals beobachteten Fälle von Anthrax (Milzbrand) bei wild lebenden Schimpansen vorgestellt. Anfang 2006 berichteten sie über eine bisher unbekannte Variante des Milzbranderregers, den sie bei drei Schimpansen und einem Gorilla in Kamerun entdeckt hatten.

(idw – Robert Koch-Institut/Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie, 25.01.2008 – DLO)

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