Umwelt

Müll: Deponie-Notstand in vielen Bundesländern

Kapazitäten sind vielerorts bereits in wenigen Jahren erschöpft

Bald voll: In vielen Bundesländern kommen die Mülldeponien an ihre Grenzen. © Jevtic/ iStock.com

Viel Abfall, wenig Entsorgungsmöglichkeiten: In vielen Bundesländern sind die Mülldeponien so gut wie voll – alternative Entsorgungsstätten aber nicht in Sicht. Zu diesem Ergebnis kommen Reporter des Politikmagazins „Panorama 3“ im NDR Fernsehen. Demnach fehlen vielerorts absehbar Deponien für Bodenaushub, Bauschutt und mäßig belastete mineralische Abfälle. Das Problem: Etliche Länder halten deutlich weniger Kapazitäten vor, als ihnen eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist.

Wohin mit dem Müll? Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich simpel: Abfälle gehören auf die Deponie. Von Hausmüll bis Bauschutt wird dort alles gelagert, was wir wegschmeißen – und das möglichst platzsparend und so umweltverträglich wie eben möglich. Doch das könnte in Deutschland schon bald nicht mehr möglich sein. Denn offenbar gibt es ein Problem mit den Entsorgungsanlagen: Ihre Kapazitäten reichen nicht aus.

Diesen Missstand hat nun eine Recherche des Politikmagazins „Panorama 3“ im NDR Fernsehen ans Licht gebracht. Demnach fehlen in einigen Bundesländern absehbar Deponien für Bodenaushub, Bauschutt und mäßig belastete mineralische Abfälle. Bereits in weniger als zehn Jahren sind die Mülldeponien der sogenannten Klasse I in vielen Ländern voll – obwohl die Länder eigentlich Deponiekapazitäten für einen Prognosezeitraum von mindestens zehn Jahren vorhalten müssen.

Hamburg: Gar keine Deponie

Wie die Reporter berichten, könnten etwa die Deponien in Schleswig-Holstein bereits in fünf Jahren an ihre Grenzen kommen. Das Umweltministerium des Landes verweist auf Gutachter, die davon ausgehen, dass im nördlichsten Bundesland bereits im Jahr 2022 alle DK I-Deponien „erschöpft sein könnten, wenn kein neues Deponievolumen zusätzlich errichtet würden“. Im Stadtstaat Hamburg gibt es schon heute überhaupt keine Deponie.

Ähnlich sieht die Lage in Niedersachsen aus. Hier reicht die Restkapazität der DK I-Deponien rechnerisch nur noch viereinhalb Jahre. Zwar sind hier neue Deponiekapazitäten bereits bestandskräftig genehmigt. Diese sind aber regional sehr ungleich verteilt. Die Landesregierung schreibt im neuen Raumordnungsprogramm vor, dass in der Regel alle 35 Kilometer eine Deponie der Klasse I angeboten werden solle.

Im gesamten Nordwesten Niedersachsens ist jedoch schon jetzt keine DK I-Deponie verfügbar. Der Grund: Zwei Deponieprojekte von privaten Investoren in diesem Gebiet stoppte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg nach Klagen von Anwohnern und Naturschützern.

Sachsen: Bereits in diesem Jahr voll

Auch im Rest der Bundesrepublik sieht es nicht besser aus. So wird in Sachsen der Deponieraum auf allen DK I-Deponien bereits in diesem Jahr erschöpft sein. Zwar sind hier neue Kapazitäten genehmigt. Wann diese in Betrieb gehen, ist dem sächsischen Umweltministerium allerdings nicht bekannt.

In Thüringen beträgt die Restlaufzeit von DK I-Deponien inklusive neuer Kapazitäten nur noch acht Jahre. In Rheinland-Pfalz ist bereits in sieben Jahren alles voll. Für Nordrhein-Westfalen kam ein Gutachten 2014 zu dem Ergebnis: „Selbst bei Umsetzung aller bekannten Planungen für neue DK I-Deponien beziehungsweise Deponieabschnitte reichen die Volumina in einzelnen Regierungsbezirken für lediglich drei Jahre.“

Teure Transportwege

In einigen Regionen Deutschlands sind die Kapazitäten schon heute so begrenzt, dass Bodenaushub, Bauschutt und mäßig belasteter mineralischer Abfall teilweise über mehrere hundert Kilometer transportiert wird. „Den Preis dafür zahlen letztendlich die Bauherren“, meint Harald Freise, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie in Niedersachsen und Bremen.

Für die Entsorgung zuständig sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Sie müssen auch dafür sorgen, dass neue Deponien geschaffen werden. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (B’90/Grüne) nimmt die Kreise in die Pflicht und fordert verstärkte Anstrengungen.

Davon würden letztendlich auch die Kreise selbst profitieren, meint er: „Wenn die öffentliche Baumaßnahmen haben, dann liegt es auch im Interesse der Kreise, dass man in vertretbarer Entfernung solche Deponiemöglichkeiten hat, sonst fallen eben höhere Kosten für die Transporte an.“ Die Zeit drängt. Bis eine Deponie in Betrieb gehen kann, vergehen mindestens fünf bis sechs Jahre, eher mehr.

(NDR, 21.02.2017 – DAL)

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