Wissenschaftler haben zum ersten Mal gezeigt, wie verschiedene Gerüche verarbeitet und auf zellulärer Ebene koordiniert ins Gehirn weitergeleitet werden. Wie die Forscher in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) am Modell des Krallenfrosches demonstrieren, existieren im Gehirn Netzwerke von Nervenzellen, die ihre Aktivität synchronisiert an verschiedene Gerüche anpassen können.
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„Dadurch werden die eintreffenden Geruchsinformationen vor der Weiterleitung in andere Gehirnregionen gebündelt und leichter verständlich gemacht“, erklärt der Leiter der Studie, Professor Detlev Schild vom Göttinger Forschungszentrum Molekularphysiologie des Gehirns und vom Exzellenzcluster „Mikroskopie im Nanometerbereich“.
Immer der Nase nach – Gerüche lösen bei uns Emotionen und Erinnerungen aus, warnen uns vor Gefahren und sagen uns, wen wir sympathisch finden und wen nicht. Im Gegensatz zu visuellen oder auditiven Reizen dringen Geruchseindrücke häufig gar nicht in unser Bewusstsein. Und erst wenn man nicht mehr riechen kann, wird einem klar, wie wichtig Gerüche eigentlich sind.
Von der Nase ins Gehirn
Die Riechschleimhaut, das so genannte Riechepithel, befindet sich in der Nasenhöhle im Innenraum der Nase. Eingebettet in diese Schleimhaut sind Riechzellen. Dabei handelt es sich um bipolare Zellen, das heißt sie verfügen in Richtung Nasenhöhle über Ausläufer (Cilien), an deren Enden Duftstoffe erkannt und von den Zellen anschließend in elektrische Signale umgewandelt werden. Auf ihrer anderen Seite projizieren sie lange Fortsätze (Axone) zur Verarbeitungsstation von Geruchssignalen im Gehirn, dem Riechkolben.
In den Konvergenzzentren des Riechkolbens, den so genannten Glomeruli, angekommen, wird das Geruchssignal räumlich geordnet. In einem Glomerulus verschmelzen etwa 1.000 Riechzellaxone gleicher Duftstoffselektivität zu einer Mitralzelle. Die Mitralzellen leiten das Signal schließlich in tiefere Gehirnregionen, zum Beispiel dem Sitz der Emotionen und des Gedächtnisses weiter.
Künstlich hergestellte Geruchs-Cocktails im Einsatz
Anhand künstlich hergestellter Geruchs-Cocktails und der Anwendung bestimmter elektrophysiologischer sowie mikroskopischer Methoden konnten Dr. Bei-Jung Lin, Dr. Tsai-Wen Chen und Schild nun zeigen, dass Mitralzellen, die im Riechkolben einem Glomerulus entspringen, synchron das gleiche Aktivitätsmuster erzeugen. Gewährleistet wird diese synchrone Duft-Antwort durch Kontaktstellen der Mitralzellen untereinander.
Diese „gap junctions“ koppeln die Zellen elektrisch aneinander und ermöglichen so eine koordinierte Weiterleitung der Geruchsinformation. Schild: „Verschiedene Geruchs-Cocktails haben dabei zur Ausbildung unterschiedlicher Aktivitätsmuster geführt. Mitralzellen besitzen also die Fähigkeit, Gerüche zu unterscheiden und duft-spezifische Antworten geordnet in andere Gehirnregionen weiterzuleiten“.
(idw – Forschungszentrum für Molekularphysiologie des Gehirns, 18.02.2009 – DLO)