Wissenschaftler haben jetzt zwei neuronale Mechanismen identifiziert, die unser Essverhalten und damit auch Körpergewicht steuern. Wie sie im Magazin Nature Neuroscience berichten, fördert ein Teilprozess die Esslust, während der andere sie unterdrückt.
{1l}
„Bisherige Studien zeigten, dass das Gehirn, und insbesondere der Hypothalamus für die Regulation des Essverhaltens verantwortlich sind“, erklärt Tamas Horvath, Hauptautor der Studie und Neurobiologe an der amerikanischen Yale Universität. „Aber bis jetzt war es nicht gelungen, experimentelle Beweise dafür zu finden, dass die AgRP Neuronen für die akute Steuerung des Essens wichtig sind.“
Dass diese so genannten „Agouti-assoziierten Peptid-exprimierenden“ Neuronen (AgRP) tatsächlich die entscheidende Rolle spielen, testeten die Forscher mithilfe von transgenen Mäusen. Jens Brüning von der Universität Köln, der mit Horvarth zusammenarbeitete, züchtete eine Mäusepopulation, bei denen die AgRP Neuronen einen zusätzlichen Rezeptor für ein Gift der Vogeldiphterie trugen. Die Wissenschaftler injizierten den ausgewachsenen Tieren zwei Dosen dieses Giftes und töteten damit diese speziellen Neuronen innerhalb von 48 Stunden ab.
Die Folge: Die Mäuse hörten auf zu fressen und zeigten alle Symptome einer akuten Magersucht. Gleichzeitig sanken Blutzucker-, Insulin- und Leptinkonzentrationen im Blut und Plasma rapide ab. „Bisherige Versuche mit transgenen Versuchstieren konnten diesen klaren Beweis nicht liefern, da während der Entwicklung kompensatorische Mechanismen einsprangen und so die neuronale Funktion nicht komplett ausfiel”, erklärt Horvarth. „In unserem Fall wurden die Neuronen vollständig zerstört und der Körper hatte keine Zeit, sie zu ersetzen.“
Für den Forscher ist dieser Ansatz ein wichtiger Schritt hin zu gezielten Therapien von Stoffwechsel- und Essstörungen. „Es ist wichtig sicherzustellen, dass die milliardenschwere akademische und pharmazeutische Forschung gegen Stoffwechselerkrankungen in die richtige Richtung geht. Der generelle Trend könnte möglicherweise hin zu einer spezifischen Zerstörung von Zellen auch in anderen Arten von Erkrankungen führen.“
(Yale University, 14.09.2005 – NPO)