Saure Haut statt süßes Blut: Wissenschaftler haben herausgefunden, warum manche Menschen besonders oft von Mücken gestochen werden. Demnach machen erhöhte Mengen von Carbonsäuren auf der Haut diese Menschen besonders attraktiv für die kleinen Blutsauger. Carbonsäuren stecken im Talg unserer Haut und tragen zu unserem Körpergeruch bei, den auch Mücken wahrnehmen können. Das Wissen um den „Lockstoff“ könnte in Zukunft dabei helfen, effektivere Schutzmittel gegen Mückenstiche zu entwickeln.
Weibliche Stechmücken sind perfekt darauf spezialisiert, ihre menschliche Beute auszumachen. Mit ihren Supersinnen nehmen sie unsere Körperwärme, unseren Geruch und auch das CO2 wahr, das wir ausatmen. Alltagserfahrung und Wissenschaft sind sich allerdings einig, dass manche Menschen häufiger gestochen werden als andere.
Was genau sie zu Mückenmagneten macht, war lange Zeit ungeklärt. Beliebte Theorien nahmen zum Beispiel die Blutgruppe, den Blutzuckerspiegel, das Geschlecht, das Alter oder die letzte Mahlzeit in den Fokus. Als führende Theorie hat sich jedoch etabliert, dass die Zusammensetzung des Körpergeruchs eine entscheidende Rolle spielen könnte.
Attraktive Nylonärmel
Wissenschaftler um Maria Elena De Obaldia von der Rockefeller University in New York wollten in einem Experiment herausfinden, welche Komponenten des Körpergeruchs anziehend auf Mücken wirken. Sie konzentrierten sich dabei auf die weltweit verbreitete Art Aedes aegypti, die Krankheiten wie Zika, Dengue oder Gelbfieber überträgt. Die Mücken wurden in spezielle Plexiglaskammern platziert und jeweils dem Körpergeruch zweier Menschen ausgesetzt. Die Wissenschaftler erfassten dann, zu welchem die Tiere hinflogen.
Die Probanden mussten dafür aber nicht mit der eigenen Haut herhalten, sondern ließen ihren Körpergeruch stattdessen in spezielle Nylon-Ärmel übergehen, die sie sechs Stunden lang um die Unterarme trugen. Der Körpergeruch der verschiedenen Studienteilnehmer wurde in einer Art „Turniermodus“ in mehreren Runden gegeneinander getestet, um schließlich jene Probanden zu identifizieren, die auf die Mücken am anziehendsten wirkten.
Sobald die Wissenschaftler die „Mückenmagnete“ unter den Studienteilnehmern gefunden hatten, analysierten sie, welche molekularen Verbindungen im Talg ihrer Haut vorkamen. Talg wird von speziellen Drüsen in unserer Haut erzeugt und dient ihrem Schutz und der Befeuchtung. Manche in Talg enthaltene Stoffe werden von Bakterien, die auf unserer Haut leben, dazu verwendet, unseren einzigartigen Körpergeruch zu erzeugen. Dementsprechend haben die Moleküle Einfluss auf den Geruch und der beeinflusst wiederum die Attraktivität für Mücken.
Einmal Mückenmagnet, immer Mückenmagnet
Die Wissenschaftler stießen bei den chemischen Analysen auf eine molekulare Verbindung, die im Talg der Mückenmagnete besonders häufig vorkam: Carbonsäuren. „Es gibt einen sehr, sehr starken Zusammenhang zwischen großen Mengen dieser Fettsäuren auf der Haut und der Tatsache, dass man ein Mückenmagnet ist“, erklärt De Obaldias Kollegin Leslie Vosshall.
Ein Proband mit hohen Carbonsäuren-Konzentrationen war sogar so beliebt bei den Mücken, dass er für sie ganze 100-mal attraktiver war als die am wenigsten anziehende Testperson. Wiederholte Tests über Jahre hinweg zeigten zudem, dass sich dies auch im Laufe der Zeit kaum ändert. „Wir konnten feststellen, dass sie, wenn sie ein Mückenmagnet waren, auch ein solcher blieben“, sagt De Obaldia, „Viele Dinge konnten sich in dieser Zeit an der Person oder ihrem Verhalten ändern, aber dies war eine sehr stabile Eigenschaft der Person.“
Dem Mückenschreck der Zukunft auf der Spur
Auf Basis dieser Erkenntnisse haben De Obaldia und ihr Team bereits versucht, einen wirksameren Schutz gegen potenziell krankmachende Mückenstiche zu entwickeln. Mücken besitzen zwei verschiedene Gruppen von Geruchsrezeptoren, mit denen sie den menschlichen Körpergeruch wahrnehmen. Die Wissenschaftler züchteten Aedes-aegypti-Mücken, denen einer oder beide Rezeptoren fehlten. Die Hoffnung: Vielleicht könnten diese Tiere Menschen dann nicht mehr anhand ihres Geruchs erkennen.
„Das Ziel war eine Mücke, die ihre Anziehung für Menschen unabhängig von deren Carbonsäure-Konzentration vollständig oder zumindest zum Teil verliert“, sagt Vosshall, „Doch das war nicht das, was wir sahen.“ Die gezüchteten Mücken konnten Menschen immer noch finden und zum Teil auch immer noch zwischen Mückenmagneten und solchen mit weniger Lockstoffen unterscheiden.
Ein anderer Ansatz wäre, Mückenmagnete mit dem Talg und den Hautbakterien von weniger anziehenden Menschen zu „behandeln“, um dadurch Mücken abzuwehren. Doch dieses Experiment gestaltet sich schwierig und wurde bislang noch nicht durchgeführt, so das Forschungsteam. (Cell, 2022, doi: 10.1016/j.cell.2022.09.034)
Quelle: Rockefeller University