Fledermäuse waren rot-braun: Zum ersten Mal haben Wissenschaftler die Farbe eines fossilen Säugetiers bestimmt. Im konservierten Fell zweier 48 Millionen Jahre alter Fledermäuse fanden sie Reste von Farbpigmenten, deren mikroskopische Struktur die rötlich-braune Fellfarbe verriet. Mit der entwickelten Methode wollen die Forscher in Zukunft auch weitere Farben fossiler Tiere bis zu Dinosauriern und Co bestimmen, schreiben sie im Journal „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Versteinerte Knochen, Zähne, Klauen, Federn und sogar Mageninhalte – Fossilien können ein relativ genaues Bild davon zeichnen, welchen Körperbau Tiere der Vergangenheit hatten, was sie fraßen und wie sie lebten. „Das Merkmal ‚Farbe‘ ist allerdings in den allermeisten Fällen schwer überlieferbar“, sagt Renate Rabenstein vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt. Dabei ist diese Information nicht nur für unsere Neugier on Interesse: „Die Farbe eines Tieres kann uns verraten, wo dieses lebt, wie es sich vor Feinden schützt oder sich bei der Partnerwahl verhält“, ergänzt die Paläontologin.
Verschiedene Pigmente unter dem Mikroskop
Bei Dinosauriern und einigen Urvögeln wie dem Archaeopteryx ist es bisher sogar schon gelungen, die einstige Farbenpracht ihres Gefieders zu rekonstruieren. Bei Säugetieren war dies jedoch nicht der Fall. An zwei 48 Millionen Jahre alten Fossilien von Fledermäusen aus der Grube Messel haben Rabenstein und Kollegen diese Wissenslücke nun geschlossen: Zu Lebzeiten hatten diese Tiere ein rötlich-braunes Fell. Es ist das erste Mal, dass Forscher die Fellfarbe eines fossilen Säugetieres herausgefunden haben.
Ausschlaggebend waren Farbpigmente im konservierten Fell der Fledermäuse, sogenannte Melanine. Dies sind rötliche, braune oder schwarze Pigmente, die Haut, Haaren, Federn und Augen ihre jeweilige Farbe geben. „Es gibt zwei Varianten von Melanin: das braun-schwarze Eumelanin und das gelblich-rote Phäomelanin“, erklärt Rabenstein.
Diese beiden Pigmente sind nicht nur chemisch verschieden, sie lassen sich auch im Mikroskop unterscheiden: Phäomelanine bilden im Durchmesser etwa 500 Nanometer große, rundliche Strukturen, Eumelanine sind langgestreckt und etwa einen Mikrometer groß. So lässt sich auch anhand von nur wenigen erhaltenen Partikeln noch die Farbe rekonstruieren. „Ein Glück für uns“, freut sich Rabenstein: „So haben wir ein optisches Unterscheidungsmerkmal, dass wir bei unseren fossilen Sammlungsstücken anwenden können.“
Farbrätsel auch bei anderen Tieren lösbar
Dabei war lange umstritten, ob es sich bei den mikroskopischen Strukturen tatsächlich um Melanine handelt. Stattdessen hätte es sich auch um Bakterien handeln können, die zu Beginn der Konservierung noch am toten Tier fraßen. Doch diese These widerlegten die Forscher: Sie stellten Fossilisationsprozesse – hoher Druck und hohe Temperatur – mit heutigen Pigmenten nach. Dabei fanden sie heraus, dass die Melanine diese Prozesse überstehen.
Die beiden untersuchten Fledermausarten Palaeochiropteryx und Hassianycteris ähnelten mit ihrem rot-braunen Fell stark den heutigen Fledermäusen. „In diesem Fall also keine große Überraschung“, meint Rabenstein und ergänzt: „Wir können aber nun unser Wissen auf weitere Tierarten – bis hin zu Dinosauriern und Co – anwenden und versuchen das Farbrätsel zu lösen.“ (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.1509831112)
(Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, 06.10.2015 – AKR)