Uraltes Gebräu: Forscher haben das Bier nachgebraut, das einst die alten Ägypter und Philister tranken. Das Besondere: Die dafür genutzten Hefestämme stammen aus bis zu 5.000 Jahre alten Tongefäßen von archäologischen Fundstätten. Es ist dem Team zufolge das erste Mal, dass Bier aus vergangenen Zeiten mit urzeitlicher Hefe hergestellt wurde. Den Geschmackstest hat das Gebräu bestanden.
Bier ist heute eines der beliebtesten alkoholischen Getränke – doch auch vor tausenden von Jahren frönten Menschen bereits dem Biergenuss. Im Nahen Osten produzierten Braumeister schon vor 13.000 Jahren Getränke aus fermentiertem Getreide und auch bei den alten Chinesen, Sumerern und Galliern gehörte das Brauen zum Alltag. Im Süden Ägyptens wurde Bier vor rund 2.000 Jahren sogar als Medizin konsumiert: Das Gebräu sollte gegen Infekte helfen.
Wie aber schmeckte das Bier damals wohl? „Es hat bereits viele Versuche gegeben, Bier nach alten Rezepten zu brauen. Doch immer wurden dafür moderne Zutaten und auch moderne Bierhefestämme genutzt – also nicht die Mikroorganismen, mit denen die Getränke damals wirklich hergestellt worden sein könnten“, erklären Tzemach Aouizerat von der Hebräischen Universität Jerusalem und seine Kollegen.
Uralte Hefezellen
Genau das haben die Wissenschaftler nun geändert: Sie haben Bier mithilfe von uralter Hefe gebraut. Um dem Geheimnis des Biergeschmacks vergangener Zeiten auf die Spur zu kommen, suchten sie zunächst an archäologischen Fundstätten nach Gefäßen, die einmal alkoholische Getränke enthalten haben könnten – und wurden fündig.
Wie Aouizerat und sein Team berichten, identifizierten sie eine Reihe von Tonkrügen, aus denen sich tatsächlich noch Hefezellen isolieren ließen. Die Gefäße stammen aus der Ära des altägyptischen Pharaos Narmer und sind rund 5.000 Jahre alt. Weitere Hefeorganismen wurden in Krügen aus der Zeit des aramäischen Königs Hasael sowie des Propheten Nehemiah aus Judäa entdeckt.
Tausende Jahre überlebt
Vergleiche mit anderen Relikten von den fraglichen Fundstellen bestätigten, dass die Hefe vermutlich wirklich für die Alkoholherstellung genutzt wurde. Denn in den Getränkekrügen waren die Mikroorganismen signifikant häufiger vertreten. „Es gleicht einem Wunder, dass diese Hefen tausende Jahre in den Gefäßen überlebt haben. Sie schienen nur darauf zu warten, ausgegraben und kultiviert zu werden“, konstatiert Aouizerats Kollege Ronen Hazan.
Um mehr über die uralten Hefen zu erfahren, führten die Forscher in einem nächsten Schritt Genomanalysen durch. Dabei stellten sie fest, dass die Mikroorganismen genetische Ähnlichkeiten mit Hefekulturen aufweisen, die in Afrika noch heute für traditionelle Getränke wie den äthiopischen Honigwein Tej verwendet werden. Allerdings gibt es auch Ähnlichkeiten zu moderner Bierhefe, wie die Wissenschaftler berichten.
Geschmacklich überzeugend
Nun folgte der entscheidende Schritt: das Bierbrauen. Aouizerat und seine Kollegen stellten mithilfe der Hefeorganismen fermentierten Getreidesaft her. „Diese alten Hefen ermöglichten uns erstmals zu erfahren, wie das Bier der alten Philister und Ägypter wirklich geschmeckt haben könnte. Im Übrigen schmeckt es nicht schlecht“, sagt Hazan.
„Unabhängig von der Tatsache, dass die Forschungsarbeit uns das Bier aus der Zeit der Pharaonen nähergebracht hat, ist sie von großer Bedeutung für den Bereich der experimentellen Archäologie. Unsere Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie man den Geschmack der Vergangenheit erlebbar machen kann“, schließt der Forscher. (mBio, 2019; doi: 10.1128/mBio.00388-19)
Quelle: Hebräische Universität Jerusalem