Physik

37 Millionen Grad im Fusionsplasma

Mini-Reaktor erzeugt erstmals hohe Elektronentemperaturen auf kleinem Raum

Fusionsplasma
Der Mini-Fusionsreaktor von Zap Energy hat erstmals ein fadenförmiges Deuterium-Plasma samt Elektronen auf bis zu 37 Millionen Grad erhitzt. Für einen so kleinen und simplen Reaktor ist das ein Rekord. © Zap Energy

Kernfusion auf neue Art: Ein neuer Mini-Fusionsreaktor hat erstmals die Elektronen seines Fusionsplasmas bis auf 37 Millionen Grad aufgeheizt – ein neuer Rekord für so kompakte Anlagen. Statt riesiger Magnet- oder Laseranlagen nutzt das sogenannte „Z Pinch“-Verfahren einen dünnen Faden Deuterium-Atome, die durch einen starken Stromstoß aufgeheizt und gleichzeitig komprimiert werden. Der Nachweis der hohen Elektronentemperatur im erzeugten Plasma beseitigt einen wichtigen Hemmschuh aller Fusionsmethoden.

Um Atome zur Fusion zu bringen, sind enorme Dichten und Temperaturen nötig. Bei der Laserfusion wird eine winzige Kasel mit dem Fusionsmaterial durch starke, von allen Seiten einstrahlende Laserpulse aufgeheizt und komprimiert. Bei Magneteinschluss-Reaktoren wie JET, Wendelstein 7-X oder dem Großreaktor ITER sorgen starke Magneten für das Erhitzen und Eindämmen des ringförmig in der Reaktorkammer strömenden Fusionsplasmas. Beide Prinzipien erfordern große Anlagen.

Magnetfelder
Eine starke, fokussierte elektrische Entladung, wie beispielsweise ein Blitz, erzeugt ein kreisförmiges Magnetfeld, das komprimierend wirkt. © Zap Energy

Ein Blitzeinschlag gab den Anstoß

Doch es geht auch anders – wie Physiker in Australien schon in den 1950er Jahren zufällig entdeckten. Sie beobachteten, dass ein Blitzeinschlag den Metallstab des Blitzableiters wie mit einer Riesenfaust zusammengedrückte. Ursache dafür ist der sogenannte Z-Pinch-Effekt: Die vom Blitz erzeugten Magnetfelder üben einen radialen Druck aus, der den Stab komprimierte und auch Plasma verdichten kann, wie erste Tests schon damals belegten.

‍Das Problem jedoch: Die komprimierende Wirkung eines starken Stromstoßes hält nur Sekundenbruchteile an, dann wird die Plasmakompression instabil. „Diese Instabilitäten bedeuteten, dass frühe Z-Pinch-Versuche das Plasma nicht lange genug halten konnten, um eine Fusion zu bewirken“, erklären die Forscher von Zap Energy, einem von der University of Washington und weiteren US-Forschungseinrichtungen gegründetem Fusions-Start-Up.

Vom Doughnut zum mehrschichtigen Faden

Die Physiker um Forschungsleiter Ben Levitt haben als Lösung die sogenannte Sheared-Flow Stabilisierung entwickelt. Die Zap-Energy-Anlage erzeugt einen Stromstoß von bis zu 500 Kiloampere, durch den eine Wolke aus Deuterium-Atomen mitgerissen und erst zu einem Ring, dann zu dem langen, dünnen Faden geformt wird. „In unseren Fusionskammern wird der Plasmastrom in Schichten aufgetrennt, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen“, erklärt Levitt.

Dabei glätten die schnelleren Außenschichten des Deuteriumplasmas die Instabilitäten, so dass der innere Kern des Plasmafadens länger stabil bleibt. Dieser ist rund 50 Zentimeter lang, aber nur rund einen Millimeter dick.

Fusion Z-Pinch Experiment
Blick auf das leuchtende Plasma im Fusion Z-Pinch-Experiment (FuZE). © Zap Energy

Erstmals Elektronentemperatur wie bei den Großen

Jetzt hat das Zap-Energy-Team eine weitere Hürde genommen: die Temperatur der Elektronen im Fusionsplasma. Anders als in normalen Materialien können sie deutlich kühler sein als die Atomkerne – und dadurch die Fusion verhindern. Nur wenn auch die Plasmaelektronen ein bis drei Kiloelektronenvolt an Energie besitzen – elf bis 37 Millionen Grad Celsius, kann eine effektive Fusion stattfinden.

„Trotz Jahrzehnten der Fusionsforschung ist es bisher nur einer Handvoll von Fusionskonzepten gelungen, eine Elektronentemperatur von einem Kiloelektronenvolt zu erreichen“, erklärt Scott Hsu, Koordinator der Fusionsprojekte am US-Energieministerium. Der Z-Pinch-Reaktor von Zap Energy ist nun die erste Fusionsanlage, die diese Schwelle in einem so kleinen Reaktor überwunden hat. Messungen belegen, dass die Elektronen im Reaktor bis zu 37 Millionen Grad heiß waren – und damit genauso heiß wie die Atomkerne des Plasmas.

Breakeven in Reichweite?

„Die Zap-Technologie ist mehrere Größenordnungen billiger und leichter zu bauen als andere Reaktoren“, sagt Zyp-Energy-CEO Benj Conway. „Das erlaubt es uns, das System schnell weiterzuentwickeln und die günstigsten Fusions-Neutronen zu erzeugen.“ Ziel des Start-ups ist es, mit ihrem Nachfolgesystem die Temperatur, Dichte und Dauer des Z-Pinchs so einzustellen, dass ein stabiles, effizientes Fusionsplasma entsteht.

Ihren Berechnungen nach könnte der Breakeven-Punkt eines solches Plasmas bei rund 650 Kiloampere erfolgen – ab dann wäre die mittels Kernfusion erzeugte Energie größer als die hineingesteckte. „Wir haben zwar noch eine Menge Arbeit vor uns, aber die Leistung unseres Systems ist schon so weit gestiegen, dass wir nun Schulter an Schulter mit einigen der weltbesten Fusionsreaktoren stehen – aber mit einem Bruchteil der Komplexität und Kosten“, sagt Levitt. (Physical Review Letters, 2024; doi: 10.1103/PhysRevLett.132.155101)

Quelle: Zap Energy

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