Technik

Elektroden aus dem Pflanzenblatt

Forscher wandeln das Adernetz von Blättern in leistungsfähige, transparente Elektroden um

Blattelektrode
Hauchdünn, aber extrem leitfähig: Nahezu transparente Kupferelektrode aus einem Pflanzenblatt. © Sven Döring/ Leibniz-IPHT

Patent der Natur: Pflanzenblätter lassen sich verblüffend einfach in leistungsfähige transparente Elektroden umwandeln, die sich für Solarzellen, Displays und andere Elektronik eignen. Dafür haben Forscher das Blattgewebe aufgelöst und die Blattadern mit einem Nanofilm aus Kupfer beschichtet. Die resultierenden Elektroden haben eine 100-fach geringeren Schichtwiderstand als gängige Elektroden und benötigen weit weniger Metall.

Ob transparente Displays und Touchscreens, Dünnschicht-Solarzellen oder Leuchtdioden: All diese Elektronik benötigt leistungsfähige und möglichst günstige Elektroden. Bislang kommen für solche Elektronik meist Elektroden aus Silber oder Indiumzinnoxid (ITO) zum Einsatz. Doch diese Metalle sind teuer und die Leitfähigkeit der ITO-Dünnschichten ist eher begrenzt.

Adernetz von Pflanzenblättern als Grundlage

Eine überraschende Alternative haben nun Forscher um Guobin Jia vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena entwickelt. Denn sie haben ein allgegenwärtiges Produkt der Natur als Basis für ihre neue Elektrode genutzt – das Pflanzenblatt. „Wir haben uns von dem perfekt ausgeklügelten System der Natur inspirieren lassen und aus den Blattadern von Laubblättern Elektroden mit einer hohen Leistungsdichte und geringem Materialverbrauch konstruiert“, erklärt Jia.

Der Vorteil daran: Die feinen, netzartig verzweigten Blattadern sind von Natur aus darauf optimiert, ihren Inhalt – Wasser und Nährstoffe – mit großer Effizienz und Robustheit zu verteilen. „Damit haben sie viel gemein mit den Elektroden in Solarzellen, Batterien oder LEDs, die elektrischen Strom oder Signale sammeln oder verteilen“, sagt Jias Kollege Jonathan Plentz. Doch bislang ist die Erstellung verzweigter Elektroden aufwändig und erfordert oft mehr Material als eigentlich nötig wäre.

Vom Blatt zur Netzelektrode

Deswegen haben Jia und sein Team nun einen anderen Ansatz gewählt: Sie haben Pflanzenblätter direkt in Elektroden umgewandelt. Dafür lösten sie zunächst die pflanzlichen Gewebe von Magnolienblättern durch Natronlauge und Wasserstoffperoxid auf, so dass nur noch das feine Netz der Blattadern erhalten blieb. Dieses tränkten sie dann mit einem Katalysator, der im nächsten Schritt die Anlagerung von Kupfer an die Adern förderte.

Das Ergebnis war ein flexibles, biegsames Blattskelett, dessen Adern mit einer dünnen, maximal wenige Mikrometer dicken Schicht aus Kupfer überzogen waren. Damit war aus dem Blatt eine verzweigte und transparente Elektrode geworden. Denn das dünne Adergeflecht lässt noch immer Licht durch, wie Messungen belegten. Demnach liegt die Durchlässigkeit des Elektrodenblatts vom IUV-Bereich bis ins Infrarot bei bis zu 84 Prozent.

Geringer Widerstand, hohe Transparenz

Das Entscheidende jedoch: Die Blattelektroden erwiesen sich in Tests als leistungsfähiger als die gängigen ITO-Elektroden. Ihr Schichtwiderstand liegt bis zu 100 Mal niedriger, gleichzeitig halten sie Stromdichten von bis zu 6.000 Ampere pro Quadratzentimeter aus, wie die Forscher berichten. In den Tests leiteten sie normalen Wechselstrom aus der Steckdose durch ein Elektrodenblatt zu einer 40-Watt-Glühbirne und brachten sie zum Leuchten, ohne dass die Elektrode Schaden nahm.

„Unserem Wissen nach repräsentieren diese Blattelektroden damit den geringsten Schichtwiderstand und eine vergleichbare Transparenz im Vergleich zu bisherigen Elektroden“, konstatieren Jia und seine Kollegen. Ein weiterer Vorteil: „Für Elektroden aus Laubblättern benötigen wir wesentlich weniger Material“, sagt Plentz. Dank der größeren Effizienz reicht das günstigere Kupfer zudem aus, um die nötigen Leistungen zu erzielen – Silber und Indium könnten so eigespart werden.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten solche Blattelektroden eine ganze Reihe von Elektronik-Anwendungen günstiger und einfacher herstellbar machen. Konstruiert nach dem Vorbild der Natur, könnten sich mit den Blattstruktur-Elektroden beispielsweise neuartige Solarzellen, LEDs oder Displays entwerfen lassen. Sogar in Lithiumionen-Akkus oder Superkondensatoren könnten solche Elektrodennetzwerke zum Einsatz kommen. (Nano-Micro Letters, 2020; doi: 10.1007/s40820-019-0359-9)

Quelle: Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.

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