Klima

Antarktis: Klimawandel beschleunigt Ringströmung

Entgegen früheren Annahmen reagiert auch der Zirkumpolar-Strom auf die Erwärmung

Zirkumploarstrom
Der Antarktische Zirkumpolarstrom verläuft rund um die Antarktis und trennt sie vom wärmeren Südozean. © NASA/ Scientific Visualization Studio

Messbare Folgen: Der Klimawandel beeinflusst inzwischen auch den antarktischen Zirkumpolarstrom – die Ringströmung, die die Antarktis vom Südozean trennt. Messungen belegen, dass diese Strömung seit 1993 deutlich schneller und schmaler geworden ist. Obwohl der Zirkumpolarstrom bisher als primär vom Wind beeinflusst galt, ist an dieser Beschleunigung die Erwärmung des Südozeans schuld, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten.

Der Antarktische Zirkumpolarstrom (ACC) ist die einzige Meeresströmung, die den gesamten Globus umrundet. Mit einem Transportvolumen von 100 bis 150 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde bewegt sie mehr Wasser als jede andere Meereszirkulation und sie spielt eine entscheidende Rolle für das irdische Klima. Denn die Ringströmung bildet eine natürliche Barriere zwischen den kalten Meeresgebieten rund um die Antarktis und dem deutlich wärmeren Südozean.

Lange galt der Zirkumpolarstrom als sehr stabil und weitgehend unempfindlich gegenüber den Einflüssen des Klimawandels – das zumindest legten Messdaten noch im Jahr 2008 nahe.

Messboje
Mit solchen Treibbojen werden weltweit Meeresströmungen überwacht und vermessen. © Isa Rosso/SOCCOM

Signifikant schneller geworden

Doch jetzt zeichnen neue Messungen ein ganz anderes Bild. Für ihre Studie haben Forscher um Jia-Rui Shi von der University of California San Diego die bisher längste und umfassendste Messreihe zum Zirkumpolarstrom ausgewertet. Dafür zogen sie Daten der seit 1993 durchgeführten Satellitenmessungen heran und zusätzlich Daten von zahlreichen Argo-Messbojen, die seit 2005 im Gebiet der Antarktischen Ringströmung treiben.

Das Ergebnis: Unabhängig voneinander ergaben beide Messreihen eine signifikante Beschleunigung der Ringströmung. „Diese Beschleunigung konzentriert sich im Bereich von 48 bis 58 Grad südlicher Breite“, berichten die Forscher. Rechnet man den linearen Trend der letzten 27 Jahre hoch, ergibt sich eine Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit um 0,74 Zentimeter pro Sekunde innerhalb eines Jahrhunderts. Seit 2005 hat sich dies sogar noch verstärkt – auf rund 0,84 cm/s pro Jahrhundert.

Allerdings gibt es regionale Unterschiede: Am stärksten beschleunigt hat sich die Ringströmung demnach im pazifischen Bereich und dem östlichen indischen Ozean. Kaum verändert hat sich die Strömung dagegen in der Drake-Passage südlich von Südamerika. Weil genau dort die meisten früheren Messungen stattfanden, könnte dies erklären, warum 2008 keine Beschleunigung gefunden wurde, so das Team.

Erwärmung der Meere als Triebkraft

Was aber ist die Ursache für die Strömungs-Beschleunigung? Die Messungen enthüllten, dass ein Zunahme der Winde dafür kaum eine Rolle spielt. Stattdessen ist die Erwärmung des Südozeans die Haupttriebkraft für diesen Trend: „Sowohl aus den Beobachtungen wie aus Modellen geht hervor, dass der Wärmegradient die tragende Rolle für diese Beschleunigung spielt“, sagt Shi.

Den Messdaten zufolge haben sich die oberen Wasserschichten des Südozeans durch den Klimawandel überproportional stark erwärmt. Der Meeresbereich nördlich des Ringstroms hat sich dadurch aufgeheizt. Südlich davon dominieren dagegen kühlere Auftriebszonen, die die Temperaturunterschiede weiter verstärken. „Das Aufstauen von Wärme nördlich des Zirkumpolarstroms ist die wahrscheinlichste Ursache für die beobachtete Beschleunigung der Strömung“, schreibt das Team.

Trend wird sich fortsetzen

Nach Ansicht von Shi und seinen Kollegen legen diese Ergebnisse nahe, dass sich der Beschleunigungstrend des Antarktischen Zirkumpolarstroms in Zukunft weiter fortsetzen und vielleicht sogar noch weiter verstärken wird. Denn solange die Erwärmung der Meere nördlich der Ringströmung anhält, bleibt der Antrieb für diesen Trend erhalten, wie das Team erklärt.

Dies könnte auch Folgen für die Meeresökosysteme und das regionale Klima haben: „Die Beschleunigung des Zirkumpolarstroms erleichtert den Austausch von Faktoren wie Wärme oder Kohlenstoff zwischen den verschiedenen Meeresbecken“, erklärt Shi. Was das konkret bedeutet, ist aber noch offen. (Nature Climate Change, 2021; doi: 10.1038/s41558-021-01212-5)

Quelle: University of California – San Diego

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