Eigentlich gelten Asteroiden als zu klein, als dass sich ihr Material in Kruste und Inneres differenzieren könnte. Doch der Fund und die Analyse von zwei Meteoriten in der Antarktis haben nun diese Annahme widerlegt, wie Forscher in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten.
Während der Expedition ANSMET – „Antarctic Search for Meteorites“ im Jahr 2006/2007 stießen Wissenschaftler im so genannten Graves Nunatak Eisfeld in der Antarktis auf zwei Meteoriten, die sich nun als etwas ganz besonderes entpuppt haben. Forscher von der Carnegie Institution, der Universität von Maryland und der Universität von Tennessee haben GRA 06128 und GRA 06129, so die offiziellen Bezeichnungen der beiden Himmelskörper, genauer untersucht und stellten fest, dass es sich dabei um Trümmer eines Asteroiden handeln muss. Doch die größte Überraschung erlebten sie, als sie die Zusammensetzung der Gesteinsbrocken analysierten.
Meteoriten aus Erdkrusten-Gestein
„Das ungewöhnlichste an diesem Gesteinsbrocken ist, dass ihre Zusammensetzung dem Andesit der kontinentalen Erdkruste gleicht – dem Gestein, aus dem der Boden unter unseren Füßen besteht“, erklärt James Day von der Universität von Maryland, Hauptautor der Nature-Studie. „Meteoriten daraus haben wir aber noch nie zuvor gesehen.“ Andesit ist ein vulkanisches Gestein, das auf der Erde überall dort vorkommt, wo kollidierende tektonische Platten Vulkanismus hervorrufen, beispielsweise in den Anden.
Bisher dachte man, dass nur solche großräumigen Prozesse wie die Plattentektonik die chemischen Bestandteile ausreichend konzentrieren können, um dieses Gestein zu bilden. Ausgehend von dieser Annahme schlugen einige Forscher zunächst vor, dass die beiden Meteoriten möglicherweise vom Mond oder dem Mars stammen könnten. Doch eine Isotopenanalyse hat auch diese Hypothese widerlegt. Die Brocken müssen von einem Asteroiden stammen, so die Projektforscher.
Sauerstoff-Isotopen belegen Asteroid als Ursprung
„Einige Objekte des Sonnensystems, darunter Planeten, Monde und Asteroiden besitzen ihre eigenen Sauerstoff-Isotopen-Signaturen“, erklärt Douglas Rumble von der Carnegie Institution. „Nur indem wir das Verhältnis von 16, 17 und 18 O analysieren, können wir feststellen, ob ein Meteorit vom Mars, vom Mond oder von einem bestimmten Asteroiden stammt. In der Mehrzahl der Fälle ist die Position des Ursprungsobjekts eines Meteoriten unbekannt, aber eine bestimmte Meteoritengruppe kann auf der Basis eines Isotopenvergleichs dem gleichen Ursprung zugeordnet werden – selbst wenn dessen Position im All nicht bekant ist.“ Wenn die Isotopenverhältnisse gegeneinander aufgetragen werden, sind dann nahezu parallele Linien zu erkennen.
„Bei den jetzt entdeckten GRA06128- und GRA06129-Meteoriten und einigen ähnlichen, Brachiniten genannt, liegen die Linien deutlich unter der von Mond- oder Erd-Gesteinen, stimmen dagegen gut mit Meteoriten vom Asteroiden Vesta 4 überein“, so der Forscher weiter. Das Alter der Meteoriten – mehr als 4,5 Milliarden Jahre – deutet darauf hin, dass sie sich sehr bald nach der Entstehung des Sonnensystems bildeten. Das macht es ebenfalls unwahrscheinlich, dass sie aus der Kruste eines Planeten stammen, der sich bereits in verschiedene Schichten differenziert hatte. Auch die chemische Signatur einiger sehr seltener Edelmetalle wie Osmium, in den Himmelskörpern, ist ein Indiz für ihren Ursprung aus einem nicht differenzierten Asteroiden.
Asteroid von mehr als 100 Kilometern Größe
Die Forscher vermuten, dass der Ursprungsasteroid einen Durchmesser von mehr als 100 Kilometern gehabt haben muss. Denn nur dann hätte er genügend Hitze speichern können, um in seinem Inneren Gestein zwar teilweise, aber nicht vollständig zu schmelzen. Dadurch würde der Asteroid undifferenziert bleiben, aber geschmolzene Teile des Gesteins hätten an die Oberfläche steigen können, um dort eine Andesit-Kruste zu bilden.
„Unsere Arbeit zeigt, dass die Bildung von planetenähnlicher Andesit-Kruste auch durch andere Prozesse als die Plattentektonik auf Objekten des Sonnensystems stattgefunden hat“, so Day. „Zudem könnte dies ein Licht darauf werfen, wie sich Krusten auf Planeten wie der Erde in den frühen Stadien ihrer Existenz gebildet haben.“
(Carnegie Institution, 12.01.2009 – NPO)