Klima

CO2: Ära ohne Vergleichsfall erreicht

Tempo des Kohlendioxid-Ausstoßes war in den letzten 66 Millionen Jahren noch nie so hoch

Die CO2-Emissionen waren in den letzen 66 Millionen Jahren noch nie so hoch wie heute. © Rybson/ freeimages

Treibhaus-Effekt mit Rekordtempo: Die Rate der aktuellen CO2-Emissionen ist höher als jemals zuvor in den letzten 66 Millionen Jahren. Selbst der bislang dramatischste Wärmeschub der Erdneuzeit verlief rund zehnmal langsamer, wie US-Forscher anhand von Isotopen-Analysen festgestellt haben. Die Menschheit habe damit eine Ära erreicht, für die es keinen Vergleichsfall mehr gibt, konstatieren die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Die Treibhausgas-Werte der Atmosphäre haben längst Rekordwerte erreicht: Im letzten Jahr lag die globale CO2-Konzentration erstmals seit Beginn der Klimaaufzeichnungen bei 400 ppm (parts per million) und erst kürzlich fanden Forscher heraus, dass unsere Emissionen sogar die nächste Eiszeit aufschieben.

Urzeit-Wärmeschub als Modell?

Zumindest ein Rekord aber schien bislang nicht gebrochen: Schon einmal, vor rund 56 Millionen Jahren, erlebte die Erde eine abrupte und starke Erwärmung – die stärkste der Erdneuzeit. Während dieses Paläozän/Eozän-Temperaturmaximums (PETM) stiegen CO2-Werte rapide an und die Erde erwärmte sich in geologisch sehr kurzer Zeit um fünf Grad. Dadurch stiegen die globalen Temperaturen von ohnehin warmen 18°C auf 23°C.

Wegen dieses ungewöhnlich drastischen Wärmeschubs gilt das PETM als bisher bestes Analog zur aktuellen Klimaerwärmung – und wurde entsprechend intensiv studiert. Allerdings: Wie schnell damals CO2-Werte und Temperaturen tatsächlich stiegen, ist noch immer weitestgehend unklar. Frühere Studien lieferten dazu widersprüchliche Daten, die zeitliche Spanne reicht von wenigen Jahren bis zu zehntausenden von Jahren.

Der Anteil des Sauerstoff-Isotops O18 erlaubt Rückschlüsse über die vergangenen Temperaturen. Hier ist deutlich der "Ausreißer" beim Wärmeschub vor 56 Millionen Jahren zu erkennen. © Fama Clamosa/ CC-by-sa 3.0

Verräterische Isotope im Sediment

Richard Zeebe von der University of Hawaii in Honolulu und seine Kollegen haben dazu nun neue Daten geliefert. Sie führten dafür Isotopenanalysen von Sedimentgestein vor der US-Ostküste durch, das während des PETM abgelagert wurde. Veränderungen im Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope C13 und C14 verraten dabei, wie viel Kohlenstoff in Form von CO2 freigesetzt wurde. Der Anteil der Sauerstoff-Isotope O16 zu O18 im Sediment gibt dagegen Aufschluss, wie sich die Temperatur verändert hat.

Vergleicht man dann den zeitlichen Ablauf beider Isotopen-Veränderungen, verrät dies besser als die bloße Schichtenabfolge, wie schnell diese Veränderungen geschahen. Denn hinkt die Erwärmung dem CO2-Anstieg hinterher, dann muss letzterer schneller erfolgt sein, als das Klimasystem reagieren konnte. Gibt es dagegen keine Verzögerung, stiegen die Treibhausgaswerte erheblich langsamer.

Zehnmal langsamer als heute

Das Ergebnis: Beide Isotopen-Verhältnisse veränderten sich nahezu im Gleichschritt, wie die Forscher berichten. Das aber spricht dafür, dass die Treibhausgas-Zunahme so langsam war, dass das Klimasystem Schritt halten konnte. „Der Hauptausstoß von Kohlenstoff während des PETM erstreckte sich über mindestens 4.000 Jahre hinweg“, so die Wissenschaftler.

Geht man von einem damaligen Gesamteinstrom in die Atmosphäre von rund 2.500 bis 4.000 Petagramm Kohlenstoff aus, dann können am Beginn des urzeitlichen Wärmeschubs maximal 0,6 bis 1,1 Petagramm Kohlenstoff pro Jahr freigesetzt worden sein, so die Berechnung der Forscher. Zum Vergleich: Der heutige anthropogene CO2-Ausstoß liegt bei rund zehn Petagramm pro Jahr – und damit zehnfach höher.

Beispiellos in der gesamten Erdneuzeit

Das aber bedeutet: Selbst die schnellste und dramatischste Erwärmung der jüngeren Erdgeschichte lief rund zehnfach langsamer ab als der aktuelle Klimawandel. „Die Rate, mit der heute Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt wird, ist damit während der gesamten Erdneuzeit von 66 Millionen Jahren beispiellos“, konstatieren Zeebe und seine Kollegen.

Der urzeitliche Wärmeschub vor 56 Millionen Jahren ist damit als Modell für die kommenden Veränderungen nur noch bedingt tauglich. „Wir haben nun effektiv eine Ära erreicht, für die es kein Analog mehr gibt“, betonen die Forscher. Die Folgen des heutigen Klimawandels könnten auch diejenigen des urzeitlichen Temperaturmaximums noch deutlich übertreffen. (Nature Geoscience, 2016; doi: 10.1038/ngeo2681)

(Nature, 22.03.2016 – NPO)

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