Klima

Der Schwarze Tod kam aus Asien – mehrfach

Klimaschwankungen brachten Pesterreger immer wieder nach Europa

Transport der Pesterreger von Zentralasien nach Europa: Den größten Teil der Strecke reisten sie wahrscheinlich per Kamel. © Schmid et al. / PNAS

Tödliche Fernwirkung: Das Klima in Asien war schuld an den immer wiederkehrenden Pest-Epidemien in Europa. Immer dann, wenn dort die Nagetiere – und ihre Flöhe – dank günstigem Klima florierten, kam es 15 Jahre später in Europa zu einem Pestausbruch. Kamelkarawanen dienten dem Pesterreger dabei als „Taxi“, um die gut 4.000 Kilometer nach Westen zu überwinden, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ beichten.

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Die Pest war über Jahrhunderte als der Schwarze Tod in Europa gefürchtet. Immer wieder lösten Ratten und ihre Flöhe als Überträger neue Epidemien aus. Der Erreger, das Bakterium Yersinia pestis stammt ursprünglich aus Asien, über die Seidenstraße gelangte es im frühen 14. Jahrhundert nach Europa. Dort etablierte er sich dauerhaft in den hiesigen Rattenpopulationen – so dachte man jedenfalls bisher.

Freispruch für Europas Ratten

Boris Schmid von der Universität Oslo und seine Kollegen machten sich deshalb auf die Suche nach den Auslösern der alten Pest-Epidemien. Sie analysierten dafür Daten von mehr als 7.700 historischen Pestausbrüchen und glichen sie mit Klimadaten aus Baumringen aus dieser Zeit ab. Ihre Hypothese: Immer dann, wenn ein günstiges Klima herrschte und sich die Nagetiere erst massenhaft vermehrten, dann aber ihre Population zusammenbrach, folgte ein Pestausbruch. Denn die Rattenflöhe gingen dann aus Mangel an Wirten vermehrt auf den Menschen über.

Doch zu ihrer Überraschung fanden sie keinerlei Zusammenhang mit dem europäischen Klima oder den hiesigen Rattenpopulationen. „Wir haben keinerlei Beleg dafür gefunden, dass es im mittelalterlichen Europa ein Pestreservoir in heimischen Wildtieren gab“, konstatieren Schmid und seine Kollegen. Hinzu kommt, dass die Ausbrüche oft in heißen Sommern oder sehr kalten Herbstzeiten begannen – Klimabedingungen, unter denen Rattenflöhe nicht gut gedeihen und daher auch nicht sehr beißfreudig gewesen sein können.

Pestherd im Karakorum-Gebiet

Stattdessen entdeckten die Forscher eine überraschende Korrelation mit dem Klima im fernen Asien: Wenn im Karakorum das Klima zunächst besonders günstig war, dann aber schlechter wurde, begann rund 15 Jahre später ein neuer Pestausbruch in Europa. Die ersten europäischen Fälle traten dabei auffallenderweise meist in Hafenstädten auf – den Orten, die am stärksten mit Handelsreisenden aus Asien in Kontakt kamen.

Der Pesterreger legte diese Reise allerdings ohne seinen Hauptwirt, die asiatischen Nagetiere zurück: „Wenn das Klima schlecht wird, begünstigt es den Zusammenbruch pestinfizierter Nagetier-Populationen“, erklären die Forscher. Die Flöhe müssen sich dann alternative Wirte suchen – und sorgen so für eine Ausbreitung der Pest über das Verbreitungsgebiet der Nagetiere hinaus.

Kamele als Transportmittel

Wie aber legte der Pesterreger den mehr als 4.000 Kilometer langen Weg von Zentralasien bis nach Europa zurück? Auch das haben die Forscher untersucht. Ihr Ergebnis: Kamele dienten den Bakterien als „Taxi“. „Kamele werden relativ leicht durch Flohbisse infiziert und können dann die Krankheit auch auf Menschen übertragen“, erklären Schmid und seine Kollegen. Vermutlich dauerte es rund zehn bis zwölf Jahre, bis die Erreger über Kamelkarawanen aus dem fernen Asien bis an die Mittelmeerküsten gelangten. Von dort aus reisten sie mit Schiffsratten oder infizierten Menschen weiter nach Europa.

„Das wirft ein neues Licht auf die Ausbreitung von Yersinia pestis in Eurasien – von nur einer einzigen Einschleppung nach Europa vor der ersten großen Epidemie hin zu klimabedingten Wellen immer neuer Stämme, die aus Nagetierpopulationen im fernen Asien kamen“, konstatieren die Forscher. Europäische Ratten spielten demnach in den Zeiten zwischen den großen Ausbrüchen wahrscheinlich nur eine untergeordnete Rolle als Erregerwirt. (Proceedings of the National Academy of Sciences., 2015; doi: 10.1073/pnas.1412887112)

(PNAS, 24.02.2015 – NPO)

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