Die Klima-Erwärmung durch El Niño führt zu einem Massensterben von Meeresechsen auf den Galápagos-Inseln. Manche Inselpopulationen sind dabei jedoch verwundbarer als andere. Dies berichten jetzt Wissenschaftler in der Fachzeitschrift PLoS ONE.
Wiederkehrende kurzzeitige klimatische Schwankungen wie die „El Niño Southern Oscillation (ENSO)„ sind besonders geeignet, um den Einfluss von Menschen bedingten Klimaveränderungen auf die Natur zu untersuchen, etwa Fragen der genetischen Vielfalt.
Klima-Phänomen mit Folgen
El Niño ist ein Klima-Phänomen, das komplexe Interaktionen zwischen der Atmosphäre und dem pazifischen Becken umfasst und somit die Dynamik von Ökosystemen weltweit beeinflusst. El Niño-Oszillationen sind vor allem durch eine Anreicherung warmen Oberflächenwassers im zentralen und östlichen Teil des tropischen Pazifiks charakterisiert und beeinflussen die atmosphärische Zirkulation weltweit. Dies führt zu einer Reihe umweltbedingter Veränderungen wie extreme Dürreperioden in Teilen Asiens und Gebieten des westlichen Pazifiks, aber auch zu harten Winterbedingungen und Fluten auf dem nordamerikanischen Kontinent.
Bekannt ist, dass es während starker El Niño bedingter Erwärmung zu hohen Sterberaten bei Meeresorganismen im östlichen Pazifik kommt. Obwohl El Niño-Oszillationen nachweislich als ein natürlicher Bestandteil die Evolution der betroffenen Arten in der Vergangenheit beeinflusst hat, sagen aktuelle Klima-Modelle voraus, dass im Zuge der globalen Erwärmung die Intensität und Häufigkeit dieser klimatischen Schwankungen zunehmen wird.
Und in der Tat handelt es sich bei den El Niños aus den Jahren 1982/83 und 1997/98 um die bisher extremsten Schwankungen des letzten Jahrhunderts und wahrscheinlich der letzten 400 Jahre. Die Forscher nehmen daher an, dass durch den Einfluss des Menschen die Umweltbedingungen vieler Arten zu neuen Extremen gedrängt werden. Noch ist unklar, ob die Kapazität der Populationen ausreichen wird, um auf diese Veränderungen zu reagieren.
Erwärmung sorgt für Verlust der Nahrungsgrundlagen
Die Galápagos-Inseln liegen nun mitten in der Einflusszone der El Niño-Schwankungen – wobei der Landlebensraum durch reichhaltige Niederschläge in der Regel profitiert. Die Meeresorganismen jedoch leiden durch den fehlenden Auftrieb an kühlen nährstoffreichen Strömungen an starkem Futtermangel und es kommt deshalb zu vielen Todesfällen bei den dortigen Seelöwen, Seehunden und Pinguinen.
Genetischer Flaschenhals
Eines der wahrscheinlich am besten untersuchten Lebewesen im Zusammenhang mit El Niño ist die Galápagos-Meerechse (Amblyrhynchus cristatus), die sich ausschließlich von bestimmten Meeresalgen ernähren. Während der von El Niño erzeugten Erwärmung des Ozeans werden diese Meeresalgen von anderen Algenarten verdrängt und die Meerechsen verhungern buchstäblich. Im Rahmen des bisher extremsten dokumentierten El Niño im Jahre 1997/98 blieb die Wassertemperatur auf dem Galápagos-Archipel für rund 18 Monate auf rund 32 Grad Celsius und damit um mehr als zehn Grad Celsius höher als normal für diese Zeit.
Dies führte nachweislich zu einer starken Unterernährung der Meerechsen, einem erhöhten Stresslevel und Sterberaten von bis zu 90 Prozent bei einzelnen Inselpopulationen. Solche Einbrüche der Population können zu so genannten bottlenecks („genetische Flaschenhälse“) führen, die besonders kritisch für das weitere Überleben der Population sein können.
Durch eine Untersuchung von elf verschiedenen Inselpopulationen vor (in den Jahren 1991/93) und nach der schweren El Niño-Oszillation konnten Wissenschaftler um den Biologen Sebastian Steinfartz von der Universität Bielefeld zusammen mit Kollegen von der Yale Universität und weiteren Forschern Veränderungen der genetischen Populationsstruktur der Meerechsen auf den Galápagos-Inseln nachvollziehen. Obwohl viele der Populationen während der El Niño-Oszillation von 1997/98 Sterberaten von bis zu 90 Prozent erlitten, zeigte nur die Population der Insel Marchena Anzeichen eines „genetischen bottlenecks“.
Trotz der hohen Verluste scheint die Größe der anderen Populationen während und nach der El Niño Oszillation groß genug geblieben zu sein, so dass die typischen Merkmale eines genetischen bottlenecks nicht nachzuweisen sind.
Weitere Forschung nötig
Interessanterweise war die Insel Marchena im Vorfeld der El Niño-Oszillation von 1997/98 bereits im Jahre 1991 von einem Vulkanausbruch betroffen, der die Population bereits erheblich geschwächt haben könnte, wie dies für die Galápagos-Riesenschildkröten bekannt ist.
Das Untersuchungsergebnis zeigt somit, dass selbst kurzzeitige, extreme Klimaschwankungen wie die El Niño-Oszillation ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die Populationsstruktur innerhalb einer Art haben. Zukünftige Studien müssen daher die biologischen und umweltbedingten Faktoren, die einige Populationen eher verwundbar machen als andere, sorgfältig in Betracht ziehen und prüfen.
(idw – Universität Bielefeld, 20.12.2007 – DLO)