Ein Christkind der unwillkommenen Art: Während wir Weihnachten feiern, erreicht der El Nino im Pazifik seinen Höhepunkt. Schon jetzt hat die Meerestemperatur im östlichen Pazifik Rekordwerte erreicht. Aber nicht nur das: Dieser El Nino hat auch einige höchst ungewöhnliche Merkmale und trifft zudem mit einer weiteren Meeresanomalie im Nordosten des Pazifik zusammen. Diese Kombination könnte auch die typischen Klimafolgen des El Nino verändern.
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Der diesjährige El Nino macht seinem Namen alle Ehre: Weil er meist ungefähr zu Weihnachten seinen Höhepunkt erreicht, erhielt er einst von peruanischen Fischern den Namen „Das Kind“ – nach dem Christkind. In unregelmäßigem Zyklus von drei bis sieben Jahren sorgt dieses Klimaphänomen nicht nur für lokale Klimakapriolen, sondern stört auch das großräumige Wettergeschehen in weiten Teilen des Pazifiks und der angrenzenden Landmassen.
Rekordwerte von 1997 sind erreicht
Schon Anfang November berichteten Klimaforscher über die ersten spürbaren Folgen des diesjährigen El Nino – von Waldbränden in Indonesien über starke Hurrikans bis Dürre in Australien reicht das Spektrum. Doch seine volle Stärke hatte das Klimaphänomen da noch nicht erreicht. Und die Frage blieb offen, ob dieser El Nino selbst den extrem starken des Jahres 1996/97 übertreffen wird.
Jetzt liefern die Forscher der US-Meeresforschungsbehörde NOAA neue Daten. Nach diesen lagen die Temperaturen der Meeresoberfläche im zentralen Pazifik um 2,34 Grad höher als der langjährige Durchschnittswert. Damit hat der El Nino 2015 die Werte seines Rekordvorgängers von 1997 bereits erreicht. Geht der Trend so weiter, könnte er zu einem neuen Rekordhalter werden.
Eine neue Sorte El Nino?
Doch noch etwas ist besonders am diesjährigen El Nino: das Muster der Erwärmung im Pazifik ist ungewöhnlich. Denn das Gebiet wärmsten Wassers liegt nicht wie unter normalen Umständen im Westpazifik, aber auch nicht im Ostpazifik vor der Küste Südamerikas, wie sonst bei einem El Nino typisch. Stattdessen sammelt sich bereit seit Ende letzten Jahres ein gewaltiger Pool warmen Wassers rund um den Äquator im zentralen Pazifik.
„Das ist ein sehr seltsames Verhalten“, sagt Tong Lee vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena. „Diese warme Stelle begann schon im letzten Jahr und ging dann einfach nicht mehr weg.“ Diese Warmwasserzone sieht zwar aus wie ein typischer EL Nino, liegt aber eigentlich an der falschen Stelle. Einige Forscher bezeichnen diese Variante deshalb als zentralpazifischen El Nino oder El Nino Modoki – japanisch für „fast ein El Nino“.
„Ob es sich dabei tatsächlich um eine andere Sorte El Nino handelt oder einfach nur ein Extrem in einer ganzen Spannbreite von möglichen Ausprägungen, wird zurzeit diskutiert“, erklärt Michelle Gierach vom JPL.
Warmer „Blob“ vor der US-Ostküste
Doch das ist noch nicht alles an Ungewöhnlichem: Auch weiter nördlich, vor der Westküste der USA liegt eine Zone ungewöhnlich warmen Wassers. Sie bildete sich schon vor zwei Jahren und dehnte sich dann langsam über die gesamte Westküste der USA aus, bis sie von der Beringstraße im Norden bis nach Kalifornien reichte. „Das Auftreten dieses Phänomens zusammen mit dem El Nino ist nicht normal“, sagt Gierach. So etwas habe man in bisherigen Satellitenbeobachtungen noch nicht gesehen.
Was die Kombination beider Phänomene für die Klimafolgen bedeutet, ist allerdings bisher unklar. Lee hält es für wahrscheinlich, dass sich die Effekte beider Warmwasserzonen addieren und damit die Klimaanomalien noch verstärken. Gierach ist vorsichtiger. „Darauf kann man nicht wetten“, sagt die Meeresforscherin. „Ich habe das Gefühl, dieser El Nino könnte etwas ganz Eigenes werden.“
Nach bisherigen Voraussagen könnte das „Christkind“ diesmal dem Nordosten der USA einen besonders warmen Winter bescheren und dafür dem Südwesten des Landes eine Kältewelle bringen. Für Florida und den Süden Kaliforniens sagen die Meteorologen bereits deutlich mehr Regen als normal voraus. Bei uns in Europa macht sich der El Nino dagegen kaum bemerkbar.
(NASA/JPL, NOAA, 23.12.2015 – NPO)