Der schleichende Niedergang von Bienen und Hummeln wirkt sich bereits negativ auf die Bestäubung von Pflanzen aus. Vor allem im Frühjahr bleiben viele Blüten unbefruchtet, weil die Bestäuberinsekten fehlen. Diese langfristig auch für den Obstanbau bedenkliche Entwicklung enthüllt jetzt die längste jemals durchgeführte Studie zum Bestäubungsverhalten.
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Bienen und Hummeln sind für Natur und Landwirtschaft unverzichtbar. Denn viele Nutzpflanzen sind auf sie als Bestäuber angewiesen. Doch Krankheiten, Parasiten und Pestizide drohen die sozialen Insekten an den Rand des Aussterbens zu bringen. Dramatische Meldungen von Bienensterben und ein schleichender Rückgang vieler Hummel- und Wildbienenpopulationen dezimieren die Pollen sammelnden Vielflieger immer mehr. Jetzt hat eine Studie erstmals gezeigt, dass dieser Niedergang bereits erste Auswirkungen auf die Bestäubung von Blütenpflanzen hat – und das der Klimawandel dafür eine wichtige Rolle spielen könnte.
Bergwiesen als Untersuchungsobjekt
James Thomson von der Universität von Toronto begann seine Studie in den späten 1980er Jahren in den Rocky Mountains von Colorado, einer weitgehend von Landwirtschaft und sonstigen menschlichen Einflüssen freien Region. 17 Jahre lang ermittelte der Forscher regelmäßig den Anteil der befruchteten Blütenpflanzen auf den Bergwiesen und verglich diesen mit dem maximal erreichbaren Befruchtungserfolg. Diesen Vergleichswert erreichte er, indem er in gesonderten Unterarealen der Wiesen selbst als Bestäuber aktiv wurde und dort sämtliche Blüten nachträglich und zusätzlich noch mit der Hand bestäubte.
Deutlicher Rückgang der Bestäubungsraten
Die längste jemals durchgeführte Studie dieser Art zeigt Bedenkliches: Der drei Mal jährlich stattfindende Vergleich enthüllte einen stetigen Niedergang der Bestäubungszahlen über die 17 Jahre hinweg. Besonders deutlich wurden Befruchtungsdefizite im Frühjahr: „Sehr früh im Jahr, wenn die Hummelköniginnen noch im Winterschlaf sind, liegen die Befruchtungsraten besonders niedrig”, so Thomson. „Dies ist ernüchternd, denn es deutet darauf hin, dass die Bestäubung sehr sensibel reagiert, selbst in einer relativ unberührten Umwelt, frei von Pestiziden und menschlichen Störungen und nur dem Klimawandel ausgesetzt.“
Klimawandel stört Zeitabstimmung
Thomson sieht in seinem Ergebnis einen Hinweis darauf, dass nicht nur Milbenbefall und Landwirtschaft den Bestäuberinsekten zu schaffen machen, sondern auch die globale Erwärmung. Die durch sie verursachte Verschiebung der Frühjahrs-Blütezeiten immer weiter nach vorne könnte einer der Hauptgründe für die Bestäubungsdefizite im Frühjahr sein: „Wir vermuten, dass ein klimabedingter Versatz zwischen der Zeit, wenn sich die Blüten öffnen und der, wenn die Bienen aus dem Winterschlaf kommen, ein wichtiger Faktor ist“, erklärt Thomson. Die Ergebnisse seiner Studie sind jetzt in der Fachzeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences“ erschienen.
(University of Toronto, 06.09.2010 – NPO)