Neuer Streit um das „Frau Jesu“-Papyrus. Erst vor rund einem Monat hatten neue Tests darauf hingedeutet, dass das Fragment mit einer Erwähnung von Frauen als Jüngerinnen tatsächlich aus frühchristlicher Zeit stammt. Jetzt aber liefert ein deutscher Forscher Gegenargumente. Demnach war der auf dem Fragment genutzte Dialekt zur datierten Zeit längst ausgestorben. Hinzu kommt: Ein weiteres Fragment aus der gleichen Feder ist wohl eindeutig eine Fälschung.
Seit September 2012 sorgte das „Frau Jesu“-Papyrus für Zündstoff in Kirche und Wissenschaft: Muss die Geschichte zur Rolle der Frauen im frühen Christentum umgeschrieben werden? Auf dem Fragment sind in einem koptischen Dialekt geschriebene Textstücke zu finden, in denen Jesus von Maria, seiner Frau und einer Frau als Schülerin spricht. Wer der Autor dieses Schriftstücks war und ob es sich um einen eigenen Text handelt oder eine Abschrift, ist unbekannt. Das nur acht Zentimeter breite und vier Zentimeter hohe Fragment soll aber nach neuen Tests aus der Zeit 650 und 850 nach Christus stammen.
Zweites Fragment weckt Zweifel
Doch Christian Askeland, Gastforscher an der Universität Münster und Experte für neutestamentlichen Textforschung mit einem Schwerpunkt auf koptischen Bibel-Überlieferungen sieht in dem Schriftstück eine „unglaubliche Fälschung“. Dabei geht er nicht vom Material des Papyrus aus, sondern vom Text selbst und von einem zweiten angeblich antiken Papyrus-Fragment, das vom gleichen anonymen Sammler und aus der gleichen Zeit stammen soll.
Das zweite Fragment enthält Textteile aus einer koptischen Übersetzung des Johannesevangeliums. Beide Papyri wurden auf das 7. bis 9. Jahrhundert datiert. Der Haken dabei: Die darauf geschriebenen Texte sind in einem koptischen Dialekt geschrieben, dem Lycopolitanisch, den es zu dieser Zeit gar nicht mehr gab. Denn dieser Dialekt verschwand bereits im frühen 6. Jahrhundert, wie der Forscher erklärt.
Abschrift eines modernen Drucks
Hinzu kommt: Bei dem Papyrus mit den Fragmenten aus dem Johannes-Evangelium spricht vieles dafür, dass der Text buchstaben- und zeilentreu aus einer modernen Reproduktion eines lycopolitanischen Textes aus dem vierten Jahrhundert kopiert wurde. Legt man diese gedruckte und online verfügbare Reproduktion neben das vermeintlich antike Fragment, dann stimmen Zeilenumbrüche und sogar ein Tippfehler perfekt überein, wie Askeland erklärt.
Wenn aber das Johannesevangelium-Fragment eine Fälschung ist, so die (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 12.05.2014 – NPO)