Geowissen

Gebirgsbildung: Eine Milliarde Jahre Pause

Vor 2,5 Milliarden Jahren stockte die tektonische Hebung und Berge schrumpften

Gebirge
Unser Planet könnte vor knapp 2,5 Milliarden Jahren eine lange Pause der Gebirgsbildung eingelegt haben. © guvendemir/ iStock.com

Tektonisches Stocken: Die Gebirgsbildung unseres Planeten könnte im Proterozoikum gut eine Milliarde Jahre lang pausiert haben. In dieser Zeit blieben Krustenhebungen aus und Berge wurden abgetragen, wie nun eine „Science“-Studie enthüllt. Als Folge flachte sich die Landschaft der Erde ab und Gebirge ragten maximal 2.000 Meter in die Höhe. Als Ursache für diese tektonische Pause vermuten die Forscher Störungen der Mantelkonvektion durch riesige Superkontinente.

Ob Alpen, Himalaya oder Anden: Gebirge entstehen, wenn die Erdkruste durch die anhaltende Bewegung der tektonischen Platten gestaucht und angehoben wird. Die Höhe der Berge spiegelt dabei das Gleichgewicht zwischen der tektonischen Hebung, der Schwerkraft und der Abtragung durch Erosion wider. Forscher vermuten zudem, dass die tiefreichenden, dicken Wurzeln der Berge die Bildung der ersten kontinentalen Kruste begünstigt haben könnten.

Zirkone als Gebirgsanzeiger

Doch wann kam die Gebirgsbildung in Gang? Und wie entwickelte sie sich im Laufe der Erdgeschichte weiter? Das haben nun Ming Tang von der Universität Peking und seine Kollegen näher untersucht. Das Problem jedoch: „Gebirge sind vergänglich. Die Geschichte der Gebirgsbildung wurde daher immer wieder ausradiert und neu geschrieben“, erklären sie. Deshalb benötigt man dauerhaftere Anzeiger für vergangene Ereignisse.

Gefunden haben die Forscher diese Indikatoren in Zirkonkristallen aus verschieden alten Krustengesteinen: „Zirkone überstehen Erosion und Verwitterung intakt und sind daher ein Zeugnis der magmatischen Geschichte“, erklären sie. Die chemische Zusammensetzung und Isotope der Zirkone können verraten, wann ein Gestein an die Oberfläche gelangte und wie dick zu jener Zeit die kontinentale Erdkruste war. Indirekt verrät dies, wo Gebirge lagen und wie hoch sie waren.

Gebirgswachstum stockte vor 2,5 Milliarden Jahren

Die Analysen enthüllten Überraschendes: In der Erdgeschichte gab es eine Phase, in der die Gebirgsbildung nahezu völlig zum Erliegen kam. Diese tektonische Pause begann vor rund 2,5 Milliarden Jahren. Vorher hatte die Kontinentkruste stetig an Dicke zugenommen, was auf eine aktive Plattentektonik und Gebirgsbildung hindeutet.

Doch dann stockte dieser Prozess plötzlich: „Vom Paläoproterozoikum an nahm die Krustendicke stetig ab“, berichten Tang und sein Team. „Vor 1,3 bis einer Milliarde Jahren könnte die Dicke der Kruste an aktiven Plattengrenzen dadurch nur noch 40 Kilometer betragen haben – das ist fast genauso dünn wie in den stark erodierten Gebieten des Kontinentinneren.“

Auch die schon bestehenden Berge wuchsen in dieser Zeit nicht weiter, sondern wurden langsam abgetragen. Dadurch ebnete sich die Landschaft ein: „Während es im vorangehenden Erdzeitalter drei bis fünf Kilometer hohe Erhebungen der Kontinentkruste gab, reichten sie nun maximal ein bis zwei Kilometer hoch“, erklären Forscher. Erst vor knapp einer Milliarde Jahren kam die Gebirgsbildung wieder in Gang und die Berge wuchsen wieder.

Superkontinente als Ursache?

Doch was war der Grund? Tang und sein Team vermuten einen Zusammenhang mit der Bildung riesiger Superkontinente. Denn gängiger Theorie nach könnten im Proterozoikum gleich mehrmals hintereinander alle Landmassen zu einer großen verschmolzen sein – erst vor rund 2,1 Milliarden Jahren der hypothetische Superkontinent Nuna, dann bis vor rund 900 Millionen Jahren Rodinia.

„Es gibt wachsende Belege dafür, dass Nuna nicht richtig auseinanderbrach, sondern in kaum veränderter Form in Rodinia überging“, erklären die Wissenschaftler. Während der tektonischen Pause war demnach der Erdmantel fast ständig von einer zusammenhängenden „Decke“ aus kontinentaler Kruste bedeckt.

Isolier-Effekt bremste die Plattentektonik

Und genau das könnte die Plattentektonik fast zum Stillstand gebracht haben: „Superkontinente isolieren den darunterliegenden Mantel und dieser Decken-Effekt kann dessen thermische Struktur tiefgreifend verändern“, schreiben Tang und sein Team. Während sich der Erdmantel unter dem Superkontinent aufheizte, kühlten die Bereiche unter der Ozeankruste aus und die antreibenden Strömungen ließen nach.

Das hielt nicht nur die gewaltigen Landmassen lange stabil, es bremste auch die Gebirgsbildung entlang der Plattengrenzen. Erst als der Superkontinent Rodinia dann vor rund einer Milliarde Jahren zerbrach, begann auch die Gebirgsbildung wieder. (Science, 2021; doi: 10.1126/science.abf1876)

Quelle: Science

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