Kann man in der Wissenschaft zu viele Daten haben? Eigentlich nicht, sollte man meinen. Doch gerade in den Geowissenschaften stehen die Forscher oft vor einem geradezu paradox scheinenden Problem: Sie finden die Ergebnisse vor lauter Daten nicht. Oder, anders ausgedrückt: Es gibt zu viele Daten und zu wenige, die sie auswerten könnten. Als Folge schlummern in vielen Forschungsinstituten und Behörden wahre Berge an wertvollen Geodaten vor sich hin – ungesichtet, unausgewertet und damit nutzlos.
GIS weckt „schlummernde Daten“
„Durch Integration und den Einsatz guter GIS-Analysetechniken könnten sie viele überraschende Ergebnisse zu Tage bringen“, erklärt Angela Schäfer, Wissenschaftlerin am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) und dort seit drei Jahren zuständig für die Daten-Recherche und GIS-Arbeiten. „Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger wirtschaftlicher Aspekt, der häufig in der Wissenschaft vernachlässigt wird.“
Unter anderem deshalb arbeiten Wissenschaftler des AWI seit Oktober 2002 mit mehreren Projekten daran, ein System zu entwickeln, das mit dem Datenberg aufräumt. MARGIS („Marines Geo-Informationssystem zur Visualisierung und Auswertung meereswissenschaftlicher Daten“), ein im Rahmen des F&E Programms GEOTECHNOLOGIEN gefördertes Projekt, setzt dabei seinen Schwerpunkt auf die Nordsee.
Ziel: Entscheidungshilfen für Planer und Forscher
Die Projektbeteiligten müssen dafür zunächst Berge an marinen Daten unterschiedlichster Herkunft sichten und erfassen: Satellitendaten, biogeochemische Felddaten, Biodaten über den benthischen Lebensraum und die Fischerei werden dabei ebenso gesammelt, wie Strömungsmodelle, Kartenwerke oder Atlanten. Sie alle sollen einmal von einem gemeinsamen GIS erfasst und ausgewertet werden können. Möglich ist das nur, weil dahinter umfangreiche relationale Datenbankmodelle stehen, die jetzt von den Wissenschaftlern entwickelt und gepflegt werden müssen und mit viel programmiertechnischem Aufwand an ein GIS gekoppelt werden.
Ziel des Ganzen ist es letztendlich, daraus ein Regionen- oder Provinzenkonzept zur geowissenschaftlichen Typisierung des Meeresbodens zu erstellen. Eine solche Einteilung könnte sowohl für planerische politische Entscheidungen herangezogen werden, als auch eine Grundlage für weiterführende wissenschaftliche Forschungsarbeit bilden.
Interaktive Karten im Netz
„Ein wichtiger Aspekt ist auch die Bereitstellung der Ergebnisse und des konzeptionellen Ansatzes über das Internet mit Hilfe interaktiver Karten für wissenschaftliche und planerische Belange“, betont Schäfer.
Wie ein solcher GIS-gestützter Internet Map Server (IMS) einmal aussehen könnte, zeigt schon jetzt der „Arctic Environment Atlas“ der Umweltorganisation der UNO (UNEP). Auf dieser Seite kann man sich verschiedenste Parameter, von der Bevölkerungsdichte über die Topographie bis hin zur Strahlenbelastung und Landnutzung, anzeigen lassen – je nach Wunsch für die gesamte Arktis oder aber nur für einen vergrößerten Teilbereich. Eine ähnliche, noch detailreichere Karte soll auch im Rahmen des MARGIS-Projektes für die Nordsee entstehen.
(AWI/Angela Schaefer, GEOTECHNOLOGIEN, 20.10.2003 – NPO)