Schleichende Gefahr: In vielen Küstengebieten Kaliforniens sinkt den Menschen buchstäblich der Boden unter den Füßen weg, wie Messungen enthüllen. Der Untergrund sinkt dort um bis zu acht Millimeter pro Jahr – und macht diese Gebiete doppelt anfällig für den Meeresspiegelanstieg. Betroffen sind bis zu acht Millionen Menschen, darunter auch die Bewohner der Metropolen Los Angeles und San Francisco.
Die Küstenbereiche gehören zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Erde, gleichzeitig sind sie am stärksten vom Meeresspiegel-Anstieg und Sturmfluten betroffen. Schon jetzt leben rund 250 Millionen Menschen weniger als einen Meter über der Hochwasserlinie. Und das ist nicht das einzige Problem: An vielen Küsten sinkt auch der Boden immer weiter ab und erhöht damit die Überschwemmungsgefahr zusätzlich. Davon betroffen sind unter anderem das Mekong-Delta und andere Küsten Asiens, aber auch Teile der US-Ostküste.
Sinkrate von bis zu acht Millimeter pro Jahr
Jetzt zeigt sich, das auch an der kalifonischen Küste der Untergrund schleichend absinkt. Ermittelt haben dies Forscher um Emma Blackwell von der Arizona State University mithilfe hochauflösender Satelliten-Radardaten und bodengestützter Messungen. Dies erlaubte ihnen eine Abschätzung der Subsidienz entlang der gut 1.300 Küstenkilometer bis auf einen Millimeter pro Jahr und eine räumliche Auflösung von 100 Metern.
Das Ergebnis: Es gibt zwar einige Küstenzonen in Kalifornien, in denen sich der Boden hebt – darunter Teile von Zentralkalifornien und ein Gebiet nördlich der Bay Area. Doch gerade in vielen dicht besiedelten Ballungsräumen zeigen die Messdaten eine deutliche Bodenabsenkung. Demnach sinkt der Untergrund in einigen bis zu 300 Kilometer großen Zonen um bis zu acht Millimeter pro Jahr.
San Francisco: Nahe Plattengrenze verstärkt Subsidienz
Besonders betroffen von der Bodenabsenkung sind vier ohnehin schon tiefliegende Metropol-Regionen: San Francisco, Monterey Bay, Los Angeles und San Diego. In der Bay Area erreichen die Absinkraten Werte von im Schnitt 5,9 Millimetern pro Jahr. Am Flughafen von San Francisco liegen die Werte sogar bei rund zehn Millimetern pro Jahr, wie das Team bereits im Jahr 2018 ermittelte. Er könnte langfristig dadurch unbenutzbar werden.
Ursache dieser Bodenabsenkung ist vor allem die Lage der Bay Area direkt an einer Plattengrenze: „Die Subsidienz rund um die Bucht von San Francisco ist stark von der Tektonik beeinflusst, vor allem von der San-Andreas-Verwerfung“, erklären Blackwell und ihr Team. Aber auch eine allmähliche Kompression des weichen Sediments spiele eine Rolle, beispielsweise am Flughafen von San Francisco.
Los Angeles: Grundwasserentnahme und Ölförderung
In Los Angeles sinkt der Untergrund vor allem in einigen direkt an der Küste liegenden Arealen sowie in Teilen des Hinterlands. „Dies spiegelt die starke Grundwassernutzung dieser Region wider und auch die Förderung fossiler Brennstoffe“, erklären die Wissenschaftler. Die Subsidienzraten dieser Metropole liegen bei zwei bis drei Millimetern pro Jahr, ähnlich sieht es in San Diego aus. Dort verursacht jedoch das weiche Sediment einen Großteil der Absenkung.
Mit Abstand am stärksten sinkt der Untergrund rund um die Monterey Bay ab. Dort erreichen die Sinkraten bis zu 8,7 Millimeter pro Jahr. Ursache dafür ist zum einen die tektonische Aktivität der San-Andreas-Verwerfung und anderer Störungen, so die Forscher. Zum anderen aber das weiche eiszeitliche Sediment, das sich in diesen alten Flussschwemmgebieten allmählich verdichtet.
Bis zu acht Millionen Menschen betroffen
Insgesamt bedeutet dies: Allein in diesen vier großen Ballungsräumen sind Millionen Menschen sowohl vom Meeresspiegelanstieg als auch von der Bodenabsenkung betroffen. Vor allem die oft flachen, aber dicht bebauten Teile dieser Städte sind damit einer erhöhten Gefahr durch Überflutungen ausgesetzt. Allein in Los Angeles und San Francisco leben jeweils mehr als zwei Millionen Menschen in solchen Risikozonen, wie die Forscher berichten.
„Insgesamt schätzen wir, dass zwischen 4,3 und 8,7 Millionen Menschen in den Küstengemeinden Kaliforniens von der Bodenabsenkung betroffen sind“, sagen Blackwell und ihre Kollegen. „Unsere Studie unterstreicht damit die Dinglichkeit, mit der Pläne zum Hochwasserschutz auch an dieses Absinken der Landflächen angepasst werden müssen.“ (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.aba4551)
Quelle: Science Advances