Verblüffend modern: Schon vor mehr als 2.000 Jahren reinigten die Maya ihr Trinkwasser mit Filtern aus Quarzsand und Zeolithkörnchen, wie Funde in der Mayastadt Tikal belegen. Diese Filteranlage ist damit eine der ältesten weltweit. Analysen zufolge entfernte sie effektiv giftige Algen und Bakterien aus dem größten Wasserreservoir Tikals. Das poröse Mineral für ihre Filter beschafften sich die Maya aus einer 30 Kilometer entfernten Gesteinsformation.
Die Maya erschufen in Mittelamerika nicht nur eindrucksvolle Tempelbauten und Städte, sie waren auch frühe Meister der Wasserbaukunst – davon zeugen komplexe Kanalsysteme, Wasserreservoire, Springbrunnen und gewaltige Dämme mit Schleusen. Nötig war all dies, weil der Karstuntergrund alles Wasser schnell versickern ließ und es nur saisonale Regenfälle gab.
Das Problem jedoch: Das Wasser in den Reservoiren war oft mit Quecksilber und anderen Schwermetallen kontaminiert. Giftige Blaualgenblüten und Bakterien machten das Trinkwasser zudem gerade im Sommer oft ungenießbar.
Quarzsand, Zeolith und gewebte Matten
Doch in der Stadt Tikal könnten die Wasserbauingenieure der Maya eine Lösung für das Problem gefunden haben. Denn wie Forscher um Kenneth Tankersley von der University of Cincinnati herausgefunden haben, nutzten die Maya am größten Reservoir von Tikal schon ein überraschend modernes Filtersystem. Dieses reinigte das Wasser des rund 58 Millionen Liter fassenden Corriental-Beckens von Algen, Bakterien und anderen Verunreinigungen.
Das Filtersystem der Maya befand sich in einem Vorbecken, das das Wasser vor Eintritt in das Reservoir durchfloss. Dabei strömte es durch eine Filterstrecke aus grobem Quarzsand und Zeolithkörnchen. Aus Pflanzenmaterial gewobene Matten hielten das körnige Filtermaterial zurück. „Das Spannende an diesem System ist, dass es auch heute noch effektiv wäre, aber die Maya entdeckten dieses Prinzip schon vor mehr als 2.000 Jahren“, sagt Tankersley.
Vorreiter der Filtertechnik
Das moderne an diesem Filtersystem ist die Nutzung des Zeoliths. Dabei handelt es sich um ein aluminiumhaltiges Silikat-Mineral, das wegen seiner Absorptionsfähigkeit bis heute als Filtermaterial eingesetzt wird. „Seine Struktur aus dreidimensionalen, mikrokristallinen Poren wirkt wie ein natürliches molekulares Sieb“, erklären die Forscher. Dadurch halten die Zeolithkörnchen organische Partikel, Mikroalgen und Bakterien, aber auch Schwermetalle zurück.
Datierungen zufolge ist das Zeolith-Filtersystem am Corriental-Reservoir schon rund 2.185 Jahre alt. Damit ist diese Maya-Konstruktion eines der ältesten Wasserfiltersysteme der Welt, wie die Archäologen erklären. Denn es ist rund 600 Jahre älter als Sand-und-Kies-Filter in Südasien und sogar 2.155 Jahre älter als die ersten in Europa konstruierten Zeolithfilter.
Das Mineral wurde eigens importiert
Indizien für den Maya-Wasserfilter lieferten die jahrtausendealten Ablagerungen am Grund der Reservoire von Tikal. Dabei zeigte sich, dass im Corriental-Becken neben grobem Quarzsand ein auffällig hoher Gehalt an Zeolithkörnchen zu finden war. Diese wurden wahrscheinlich in das Becken gespült, wenn bei Starkregen und Sturzfluten einige der Filtermatten im Vorbecken rissen. Den Sedimentanalyen nach gab es solche Filter aber nur im Corriental-Reservoir, nicht in den anderen Becken der Mayastadt.
Ein Grund dafür könnte die Herkunft des Filtermaterials gewesen sein: Mineralanalysen ergaben, dass diese spezielle Zeolithform in der unmittelbaren Umgebung von Tikal nicht vorkam. Stattdessen muss das Material von einer rund 30 Kilometer entfernten Gesteinsformation herbeigeschafft worden sein.
„Dort gibt es verwitterten vulkanischen Tuff aus Quarz und Zeolith, aus dem Wasser austritt“, berichtet Tankersleys Kollege Nicholas Dunning. Diese Quelle war schon damals in der gesamten Gegend für ihr sauberes Wasser bekannt. „Die Maya erkannten wahrscheinlich, dass es das Material war, dem diese Quelle ihr klares Wasser verdankte“, sagt Dunning. Das gab ihnen die Idee, den Zeolith auch in Tikal als Wasserfilter zu verwenden.
Effektiv – aber trotzdem ein Einzelstück
Mit Erfolg: „Corriental hatte nur geringe Mengen an chemischen Verunreinigungen und praktisch keine Spuren von Blaualgenblüten oder anderen Schadstoffen“, berichten die Wissenschaftler. Warum die Maya dieses Filtersystem trotz seiner effektiven Wirkung nur an einem ihrer Reservoire einsetzten, bleibt offen. Denn die restlichen Trinkwasserbecken der Stadt waren zumindest zeitweilig stark verschmutzt, wie Sedimentanalysen belegen. (Scientific Reports, 2020; doi: 10.1038/s41598-020-75023-7)
Quelle: University of Cincinati