Schleichende Bedrohung: Das drittgrößte Flussdelta der Erde sinkt um bis zu 2,5 Zentimeter pro Jahr, wie eine Studie enthüllt. Betroffen sind 18 Millionen Bewohner des Mekong-Deltas und die Reisversorgung für rund 200 Millionen Menschen. Sie sind verstärkt durch Überschwemmungen und Versalzung gefährdet. Ursache der Bodenabsenkung ist vor allem die überhöhte Grundwasser-Entnahme im Delta.
Für viele Küstengebiete ist der Meeresspiegelanstieg nicht die einzige Bedrohung: Auch die Bodenabsenkung macht viele Regionen immer anfälliger für Überflutungen und Versalzung. Betroffen sind unter anderem Teile der US-Ostküste, aber auch das Mississippi-Delta, das Ganges-Delta und viele weitere Küstenregionen. Grund dafür ist meist eine Kombination aus geologischen Ursachen und einer übermäßigen Entnahme von Grundwasser durch den Menschen. Denn mit dem sinkenden Grundwasserspiegel gibt auch der Untergrund nach.
Untergrund sinkt um bis zu 2,5 Zentimeter pro Jahr
Auch das Mekong-Delta, das drittgrößte Flussdelta der Erde, ist in alarmierendem Ausmaß von der Bodenabsenkung betroffen, wie Philip Minderhoud von der Universität Utrecht herausgefunden hat. Im Rahmen seiner Dissertation hat er die Veränderungen im Untergrund des Mekong-Deltas der letzten 25 Jahre mithilfe von Messdaten und einem dreidimensionalen Grundwasser-Flussmodell analysiert.
Das alarmierende Ergebnis: Seit Anfang der 1990er Jahre ist der Untergrund im Mekong-Delta schon um 18 Zentimeter abgesunken. Während anfangs noch eher geringe Absenkraten herrschten, sackt der Untergrund an vielen Stellen des flachen Flussdeltas inzwischen im Schnitt um 1,1 Zentimeter pro Jahr ab. In einigen Gebieten erreicht die Bodenabsenkung sogar 2,5 Zentimeter pro Jahr, wie Minderhoud berichtet.
Gefahr durch Überflutungen und Versalzung
Das Problem: Durch diese Bodenabsenkung vergrößert sich die Überschwemmungsgefahr für das flache Flussdelta drastisch. „Die Bodenabsenkung lässt den Meeresspiegel in Relation zum Land noch schneller ansteigen – es ist als wenn das Delta langsam im Meer versinkt“, erklärt Minderhoud. „Hinzu kommt, dass Salzwasser immer weiter landeinwärts vordringen kann und das Delta damit auch einer zunehmenden Versalzung ausgesetzt ist.“
Von der schleichenden Absenkung ihres Lebensraums sind rund 18 Millionen Bewohner des Mekong-Deltas betroffen. Zudem liefert der Reisanbau in der flachen, fruchtbaren Ebene Nahrung für geschätzte 200 Millionen Menschen: „Das Delta ist allein für 50 Prozent der gesamten Nahrungsmittelproduktion Vietnams verantwortlich“, erklärt Minderhoud. Hinzu kommen noch Reisexporte in alle Welt.
Schuld sind Grundwasser-Entnahme und Last der Bauten
Ursache für das rapide Absinken des Flussdeltas sind eine Kombination von ungünstiger Geologie und einer Übernutzung des Grundwassers. „In den letzten 25 Jahren hat sich der Grundwasserspiegel in weiten Teilen des Mekong-Deltas um mehr als fünf Meter gesenkt“, berichtet der Forscher. An einigen Brunnen fiel der Pegel sogar um 20 bis 40 Meter. Als Folge sackte der Untergrund über diesen Aquiferen ab. Die übermäßige Grundwasserentnahme könnte dadurch an 50 bis 75 Prozent der Bodenabsenkung schuld sein, wie Minderhoud und sein Team ermittelten.
Ein weiterer Grund ist die Bodenbeschaffenheit im Mekong-Delta: „Das Gebiet hat eine sehr weiche, dünne Bodenschicht“, erklärt Minderhoud. „Die Zunahme der Infrastruktur in dieser Region, die in den letzten Jahrzehnten das Wirtschaftswachstum begleitet hat, hat diesen Boden zusätzlich belastet.“ Das schiere Gewicht von Gebäuden und anderen Bauwerken trägt somit dazu bei, die Bodenabsenkung zu verstärken.
Deiche und Mangrovenwälder
Was aber kann getan werden? Minderhoud schlägt dafür eine Kombination aus „harten“ und „weichen“ Maßnahmen vor. „Die harten Maßnahmen beinhalten den Bau von Deichen und Poldern rund um ökonomisch und sozial wichtige Areale wie Städte“, erklärt der Forscher. Doch der Rest des Deltas sollte nach Möglichkeit uneingedeicht bleiben, um die natürliche Aufschwemmung neuen Bodens zu fördern.
„Zu diesen weichen Maßnahmen gehört es, das Wachstum natürlicher Vegetation wie der Mangrovenwälder zu fördern. Diese helfen wiederum, die Erosion einzudämmen und fördern die Ablagerung von Sediment“, erklärt Minderhoud. Auch das Einpumpen von Oberflächenwasser in den Untergrund könnte an einigen Stellen helfen, die Bodenabsenkung aufzuhalten. Die Regierung von Vietnam hat zudem bereits ein Gesetz erlassen, das die übermäßige Entnahme von Grundwasser einschränken soll. (Environmental Research Letters, doi: 10.1088/1748-9326/aa7146)
Quelle: Utrecht University