In der Tiefsee vor der portugiesischen Küste haben Meeresforscher drei neue Schlammvulkane entdeckt. Sie liegen über einer nur dünnen Sedimentschicht an einer tektonischen Störung und damit an einem bisher für Schlammvulkane als ungewöhnlich geltenden Ort. Nähere Untersuchungen sollen nun klären, ob diese Vulkane möglicherweise ein Bindeglied zu heißen Quellen an mittelozanischen Rücken darstellen.
Seit dem 23. Februar waren 15 Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel im Golf von Cadiz mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR unterwegs, um kalte Quellen am Meeresboden in über 4.000 Meter Wassertiefe zu untersuchen. Neben traditionellen, an Kabeln oder Trossen in die Tiefsee herabgelassenen Messgeräten setzten sie dabei auch das Autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) ABYSS ein. Es kann bis zu 24 Stunden lang unabhängig vom Forschungsschiff in bis zu 6.000 Metern Wassertiefe vorprogrammierte Kurse abfliegen und dabei präzise Abbilder des Meeresbodens erstellen. „Dank der Kombination verschiedener Mess- und Beobachtungssysteme haben wir Daten gewonnen, die spannende neue Einblicke in Prozesse im Meeresboden versprechen“, sagt der wissenschaftliche Fahrtleiter Christian Hensen vom GEOMAR zum Abschluss der Fahrt.
Schlammvulkane in ungewöhnlichem Umfeld
Unter anderem haben die Forscher während der Ausfahrt drei bisher unbekannte Schlammvulkane entdeckt und mit AUV ABYSS kartiert. „Das Besondere an ihnen ist, dass sie in einem ganz anderen geotektonischen Umfeld entstanden sind als diejenigen, die wir in der Region schon kannten“, sagt Hensen. Frühere Expeditionen hatten bereits Schlammvulkane im östlichen Golf von Cadiz in einer Region mit mächtigen Sedimentablagerungen untersucht – also in einer typischen Umgebung für Schlammvulkane. „Die jetzt neu entdeckten Schlammvulkane liegen jedoch allesamt in einem Gebiet mit dünneren Sedimentschichten auf einer geologischen Störung, die einen Teil der Trennlinie zwischen der afrikanischen und eurasischen Erdplatte bildet“, sagt Hensen.
Flüssigkeiten aus großer Tiefe
Die Zusammensetzung der Fluide, die aus den Schlammvulkanen austreten, verrät den Wissenschaftlern viel über den Aufbau des Meeresbodens und über den Weg, den die Fluide vorher im Untergrund zurückgelegt haben. Erste Ergebnisse der geochemischen Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass die Fluide im Untersuchungsgebiet aus großer Tiefe stammen.
Inwieweit die Schlammvulkane in Verbindung mit der darunter liegenden, ozeanischen Erdkruste in zwei bis drei Kilometern Tiefe stehen, muss jetzt in den Laboren der beteiligten Institute mit weiteren Untersuchungen geklärt werden. „Möglicherweise finden wir dabei ein Bindeglied zwischen den heißen Quellen an den mittelozeanischen Rücken, den berühmten Schwarzen Rauchern, und den kalten Quellen an Kontinenträndern“, erklärt Florian Scholz vom GEOMAR.
Tauchroboter entdekt Schiffswracks
Nebenbei konnte das AUV ABYSS seine Qualitäten auch noch in einem anderen Zusammenhang unter Beweis stellen. Mehrere untersuchte Strukturen in rund 4.000 Metern Tiefe, die nach ersten groben Kartierungen ebenfalls Schlammvulkan-Kandidaten waren, entpuppten sich als Schiffswracks. „Danach haben wir zwar nicht gesucht, aber von einem der Wracks hat das AUV so präzise Abbilder geliefert, dass unter Umständen eine Identifizierung möglich ist“, sagt Hensen.
An der Expedition mit der offiziellen Nummer M86/5 waren neben dem GEOMAR auch Wissenschaftler des Laboratório Nacional de Energia e Geologia (Lissabon, Portugal), der Universität Aveiro (Portugal), des Centre Mediterrani d’Investigacions Marines i Ambientals (Barcelona, Spa-nien) und der Universität Bremen beteiligt.
(GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 22.03.2012 – NPO)