Sonnensystem

Rätsel des Marsstaubs gelöst

Ein Gebiet hat fast den gesamten Staub des Roten Planeten produziert

Marsrover Curiosity im heranziehenden Staubsturm. Woher der marsianische Staub stammt, haben Forscher jetzt herausgefunden. © NASA/JPL-Caltech/ MSSS

Marsianische Staubschleuder: Fast der gesamte heute auf dem Mars zirkulierende Staub stammt aus nur einem einzigen Gebiet – einer geologischen Formation nahe dem Mars-Äquator. Denn nur diese Medusae Fossae Formation besitzt Sediment, das chemisch zum Marsstaub passt, wie Daten mehrerer Marssonden enthüllen. Marswinde haben im Laufe der letzten Milliarden Jahre gut die Hälfte dieser Formation abgetragen und als Staub über den gesamten Mars verteilt.

Der Mars ist ein staubiger Planet: Der feine, rötlich-braune Staub bedeckt nahezu alle Oberflächen, türmt sich mancherorts zu Wanderdünen und bildet einen feinen Schleier in der Atmosphäre des Planeten. Momentan verhüllt sogar ein globaler Staubsturm den Roten Planeten.

„Es wird geschätzt, dass pro Jahr 2,9 Billionen Kilogramm Staub zwischen Oberfläche und Atmosphäre des Mars ausgetauscht werden – das macht die Staubaktivität heute zu einem der dynamischsten und dominantesten geologischen Prozesse auf dem Planeten“, erklären Lujendra Ojha von der Johns Hopkins University in Baltimore und ihre Kollegen.

Marsstaub überall gleich

Doch wo kommt dieser ganze Staub her? Auf der Erde werden Sand und Staub unter anderem durch Erosion in Flüssen, durch Verwitterung, das Zermahlen von Gestein unter Gletschern oder die Winderosion produziert. Der Mars besaß war nur kurze Zeit flüssiges Wasser, so dass Flusserosion auf ihm kaum Einfluss gehabt haben kann. Aus der Form und geringen Größe der Marsstaub-Partikel schließen Forscher, dass vor allem die Winderosion für seine Entstehung eine Rolle spielte.

Seltsam nur: Messungen der Marsrover Spirit und Opportunity haben gezeigt, dass der Marsstaub selbst an entgegengesetzten Enden des Planeten eine fast identische Zusammensetzung besitzt. „Das spricht dafür, dass der Staub nicht aus lokalem Gestein stammt, sondern eine globale Einheit bildet“, so die Forscher. Auffällig ist zudem, dass der Marsstaub ungewöhnlich viel Schwefel und Chlorid enthält.

Die Medusae Fossae Formation auf dem Mars © Ojha et al./ Nature Communications, CC-by-sa 4.0

Nur eine Quelle passt

Um das Rätsel des Marsstaubs zu lösen, haben Ojha und ihr Team Daten von Orbitersonden und Marsrovern zur chemischen Zusammensetzung der Marsgesteine analysiert. Dabei fahndeten sie nach einem oder mehreren Gebieten, in denen das Gestein eine ähnliche Anreicherung von Schwefel und Chloriden aufweist wie der Marsstaub.

Das Ergebnis: Es gibt nur ein Gebiet auf dem Mars, von dem der Marsstaub stammen kann. Dabei handelt es sich um die Medusae Fossae Formation (MFF), eine rund tausend Kilometer lange und mehr als 600 Meter dicke Sedimentformation nahe dem Mars-Äquator. Nur das Gestein in diesem Gebiet hat ähnlich extreme Schwefel- und Chloridwerte wie der Marsstaub, wie die Forscher berichten.

Um die Hälfte geschrumpft

„Der Mars wäre nicht annähernd so staubig, wenn es diese eine enorme Lagerstätte nicht gegeben hätte“, sagt Koautor Kevin Lewis von der Johns Hopkins University. „Sie ist im Laufe der Zeit allmählich erodiert und hat so den Planeten sozusagen ‚verschmutzt‘.“ Dass diese Formation einer starken Winderosion ausgesetzt war und vermutlich noch ist, belegen unter anderem sogenannte Yardangs – schmale, langegestreckte Rippen und Hügel, die vom Wind geformt wurden.

Vom Wind geformte Yardangs in Medusae Fossae © NASA/JPL/University of Arizona

Die Wissenschaftler schätzen, dass die Medusae Fossae Formation einst mehr als fünf Millionen Quadratkilometer bedeckt hat, das entspricht der Hälfte der Fläche der kontinentalen USA. Heute dagegen ist sie durch die Erosion auf „nur“ noch zwei Millionen Quadratkilometer geschrumpft. Die Formation habe genügend Material verloren, um den gesamten Mars mit einer drei Meter dicken Staubschicht zu bedecken, so Ojha und ihre Kollegen.

„Das könnte erklären, wie der Mars so staubig geworden ist“, sagt Lewis. Wie die feinkörnigen Sedimente der Medusae Fossae Formation entstanden sind, ist bisher nur in Teilen bekannt. Planetenforscher vermuten, dass dieses Gebiet aus Ablagerungen von Vulkanausbrüchen besteht. Als Quellen für die Vulkanasche kommen unter anderem die großen Marsvulkane Apollinaris Mons, Arsia Mons und Pavonis Mons in Frage. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-05291-5)

(Johns Hopkins University, 06.08.2018 – NPO)

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