Jeder der den Kinofilm „Findet Nemo“ gesehen hat, erinnert sich, wie das Meer um den kleinen Fisch umso trüber und lebloser wurde, je näher er der Küste kommt. Auch in der Ostsee würde es der kleine Clownfisch schwer haben. Nicht etwa nur, weil zu kalt, sondern weil zu trübe und sauerstoffarm durch durch Stickstoff und Phosphor aus der Landwirtschaft und vergiftet durch Pestizide und industrielle Abwässer.
Dabei ist die Landwirtschaft selbst größter Verbraucher sauberen Wassers: 70 Prozent des menschlichen Wasserverbrauchs wird für den Feldbau verbraucht. Die Erzeugung von einem kg Getreide benötigt 1.500 Liter Wasser, ein Kilogramm Rindfleisch sogar 15.000 Liter. Dieses Wasser gelangt als sauberes Süßwasser über Regen oder Beregnung in die Landwirtschaft aber über kurz oder lang mit Nähr- und Schadstoffen befrachtet in die Meere. Jährlich gelangen immer noch fast 1 Milliarde Kilogramm Stickstoff und 36 Millionen Kilogramm Phosphor in die Ostsee, davon entstammen ein Fünftel, bzw. ein Drittel der Landwirtschaft. Dabei ist vor allem räumlich konzentrierte intensive Tierproduktion der Grund von zu hohen Nährstoffüberschüssen in der Landwirtschaft.
„Die letzte entscheidende Frage ist, wie eine kommende Generation weiterleben soll“ schrieb schon der Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945). Ein halbes Jahrhundert später proklamiert die „Rio Konferenz“ 1992 in Brasilien inhaltlich genau dieses in der „Agenda 21“ und fünf Jahre später formuliert die Brundtland Kommission in ihrem Statement „Unsere gemeinsame Zukunft“ „Nachhaltige Entwicklung“ als „eine Entwicklung, die Bedürfnisse der heutigen Generation deckt ohne die kommender Generationen einzuschränken“.
In dem Bewusstsein um die ökonomische und ökologische Bedeutung der Meere und ihres Lebens als eine unwiederbringliche Ressource haben die neun Anrainerstaaten der Ostsee, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Russland und Schweden, im Rahmen ihrer Agenda 21 für den Baltischen Raum (BALTIC21) eine Arbeitsgruppe für Nachhaltige Landwirtschaft begründet, die Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft in der Region erarbeiten soll. Die Leitung der Gruppe hat zurzeit Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rahmen seiner Meeresumweltschutzpolitik.
Die erste Tagung der TFSA in 2004 findet vom 25.-27. April in Lübeck statt. Themen werden u.a. der Aufbau eines virtuellen Forschungsinstitutes für Fragen nachhaltiger Landwirtschaft im Ostseeraum (VUSABALT) und die Definition einer formellen und materiellen Trennung von originärer, bodengebundener Landwirtschaft von nicht bodengebundener, industrieller Erzeugung tierischer Produkte sein.
(Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, 16.04.2004 – NPO)