GeoUnion

„Steine in der Stadt“

Neues Netzwerk erforscht die Naturwerksteine in deutschen Städten

Steinmetzarbeit am Berliner Reichstag © Harald Frater

Ob gelbe Sandsteinmauer, schwarzes Schieferdach oder graue Granitfassade: Naturwerksteine sind ein häufiger Baustoff und verkleiden nicht nur Häuser sondern dienen oft auch als Material für Denkmäler, Skulpturen sowie deren Sockel, für Brunnen sowie im Straßen- und Brückenbau. Nun haben drei Berliner Wissenschaftler das Netzwerk „Steine in der Stadt“ gegründet, um erstmalig bundesweit Bestandsaufnahmen der Naturwerksteine in deutschen Städten zu sammeln. Auf der ersten Arbeitstagung vom 07. bis 09. April 2006 an der Technischen Universität Berlin soll unter anderem der Grundstein für einen entsprechenden Reiseführer zu besonders interessanten Stein-Ensembles in Deutschland gelegt werden.

„Wo wurde welcher Stein genutzt? Wo kommt er her? Wie alt ist er? – Dies sind die zentralen Fragen, die wir beantworten möchten“, erklärt Prof. Johannes H. Schroeder von der Technischen Universität Berlin. Unter seiner Leitung versammeln sich auf der Fachtagung „Steine in der Stadt“ rund 50 Teilnehmer aus ganz Deutschland. Die Naturstein-Experten tragen ihre regionalen Forschungsergebnisse zusammen und greifen dabei auch die Verflechtungen zur Stadt- und Baugeschichte, zur Lagerstättenforschung oder dem Natursteinhandel auf.

Erforschung regional stark unterschiedlich

Die Verwendung und Herkunft von Naturwerksteinen sind in manchen Städten wie Berlin, Münster oder Hannover bereits gut erforscht – zum Teil werden sogar thematische Führungen oder Bücher über die Naturwerksteine angeboten. „Doch allzu häufig werden diese Informationen von passionierten Einzelkämpfern gesammelt, oft genug ohne oder mit relativ geringer institutioneller Unterstützung“, so Schroeder. „Die meisten Arbeiten bleiben daher häufig in Form von Skripten oder Diplomarbeiten in irgendwelchen Schubladen liegen und werden nur allzu selten allgemein zugänglich gemacht. Dies wollen wir ändern“, erklärt Schroeder den Sinn seines Netzwerks.

Doch nicht nur Geowissenschaftler, Architekten, Steinmetze, Restauratoren und Denkmalpfleger interessieren sich nach Schroeders Erfahrungen für die Naturwerksteine, sondern auch eine breite Öffentlichkeit. Denn da früher zunächst immer lokale Gesteins-vorkommen für den Bau von Häusern und Straßen verwendet wurden, lässt ein historisches Stadtbild stets auch Rückschlüsse auf die Geologie der Region wie auch auf die Stadtgeschichte mit ihren Aufschwüngen und Katastrophen zu. Je nach Lage der Stadt mussten die Werksteine jedoch importiert werden. Diese gebietsfremden Steine spiegeln Handelsbeziehungen und die Entwicklung von Transportmöglichkeiten und die jeweiligen Moden wider.

Große Resonanz auf thematische Führungen

Historische Fassade aus Naturwerksteinen © Harald Frater

Diese vielfältigen Aspekte des Themas Naturwerksteine wecken nicht nur das Interesse der Wissenschaftler: So nahmen allein in Berlin in den letzten neun Jahren mehr als 3.300 Besucher an den touristischen Natursteinführungen von Dr. Gerda Schirrmeister teil, unter anderem im Rahmen der „Schaustelle Berlin“ – Tendenz steigend. Der gedruckte Führer zum Zentrum von Berlin mit den dort vorhandenen 235 Gesteinssorten wird gerade neu aufgelegt. Auch in anderen Städten wie beispielsweise in Tübingen stoßen ähnliche Führungen auf lebhaftes Interesse.

Ermutigt von diesem öffentlichen Zuspruch plant das Netzwerk denn auch die Erstellung eines Exkursionsführers zu besonders interessanten Naturwerkstein-Ensembles in deutschen Städten. „Das Konzept sieht vor, möglichst bundesweit Information aus den Schubladen zu locken, um möglichst viele Orte zeigen zu können“, beschreibt Schroeder die mögliche Vorgehensweise. Auch wenn dieser Führer zunächst nur ein Konzept ist, signalisierten die Netzwerksteilnehmer bereits deutliches Interesse an der Mitarbeit; die Veröffentlichung hängt allerdings sehr vom ehrenamtlichen Einsatz der potenziellen Autoren und von den Finanzen ab. „Es besteht eindeutig ein Bedarf für solch einen Führer“, zeigt sich Schroeder zuversichtlich. „Denn jemand, der einmal in einer Stadt von Natursteinen begeistert wurde, schaut sich auch anderswo um und möchte mehr über die verwendeten Materialien wissen“. Dazu sollen auch der Veranstaltungskalender und das Literaturverzeichnis auf der Internetseite "Steine in der Stadt" beitragen.

(Steine in der Stadt; Johannes H. Schroeder (TU-Berlin), 06.04.2006 – AHE)

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