Zellen sind von einer hochkomplexen Membran aus ölähnlichen Molekülen und Proteinen umgeben. Diese „Haut“ grenzt nicht nur das Zellinnere von der Umgebung ab, sondern spielt beispielsweise auch bei der biologischen Informationsübertragung eine wesentliche Rolle. Jetzt soll ein Sonderforschungsbereich an der Universität Bonn unter anderem die stetigen Auf- und Umbauprozesse der Zellmembran und ihre Regulation genauer untersuchen.
Mit Zellmembranen ist es wie mit guten Sakkos: Ihre Innenseite unterscheidet sich eklatant von ihrer Außenseite. Das „Zellsakko“ besteht aus einem ölähnlichen Film, den so genannten Lipiden, in den verschiedene Proteine eingebettet sind. Einige Proteine tauchen nur wenig in den Lipidfilm ein; sie „schwimmen“ auf seiner Oberfläche. Auf der Außenseite der Zelle schwimmen dabei ganz andere Proteine als auf ihrer Innenseite. Wieder andere Eiweiß-Moleküle durchspannen die Membran von innen nach außen; auch sie sind so orientiert, dass stets dieselbe Seite nach außen weist. Diese Asymmetrie hat ihren Sinn: So dient der äußere Teil derartiger Transmembran-Proteine oft als „Antenne“ für Signalmoleküle, während der innere Teil für eine entsprechende Reaktion in der Zelle sorgt.
Woher kommt die Asymmetrie?
Damit nicht genug: Der Lipidfilm, in den die Proteine eingebettet sind, besteht ebenfalls aus einer Außen- und einer Innenschicht, die sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden. Die Zelle kann die Zusammensetzung ihrer Hülle zudem variieren und sie so beispielsweise gezielt zäh- oder dünnflüssiger machen. Und schließlich kann die Membran an verschiedenen Orten ganz unterschiedlich zusammengesetzt sein – ein Sakko, das links aus Seide besteht und rechts aus Cord.
„Wir wollen unter anderem herausfinden, wie die Zelle diese Asymmetrien erzeugt und aufrechterhält“, erklärt der Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) Professor Dr. Michael Hoch. Außerdem untersuchen die Forscher, wie die Proteine mit spezifischen Lipiden in der Zellhülle interagieren, um so zum Beispiel die Übermittlung chemischer Signale aus ihrer Umgebung zu ermöglichen. „Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die Membranlipide bei der Zellkommunikation eine viel größere Rolle spielen als bislang angenommen“, so Hoch.
Die Ergebnisse dürften nicht nur Wirkstoffforscher interessieren: Die Wirkung vieler Medikamente beruht darauf, dass sie den Informationsaustausch zwischen den Zellen gezielt beeinflussen. Ist die Zell-Zell-Interaktion dagegen dauerhaft gestört, können sogar Krankheiten wie Krebs die Folge sein – wenn sich beispielsweise Zellen immer weiter teilen, weil sie die „Stopp“-Signale ihrer Nachbarn nicht mehr wahrnehmen. „Die Frage nach der spezifischen Zusammensetzung biologischer Membranen in den unterschiedlichen Zellen des Körpers wird die Wissenschaft in der nächsten Dekade enorm beschäftigen“, ist sich Professor Hoch denn auch sicher.
(Universität Bonn, 29.11.2004 – DLO)