Astronomie

Engstes Paar kalter Zwergsterne entdeckt

120 Lichtjahre entferntes Zwergenpaar benötigt für eine Umkreisung nur 17 Stunden

Rote Zwergsterne
Astronomen haben in 120 Lichtjahren Entfernung das bisher engste Paar kühler roter Zwersterne entdeckt. © NASA

Engtanz der Winzlinge: Astronomen haben in 120 Lichtjahren Entfernung das bisher engste Paar ultrakalter Zwergsterne entdeckt. Die beiden dunkelrot glimmenden Zwerge trennt weniger als ein Hundertstel des Abstands Sonne-Erde, für eine Umkreisung benötigen sie nur 17 Stunden. Ihr Orbit ist damit viermal kürzer als der des zuvor engsten bekannten Zwergpaares. Weil beide Sterne nicht so nah beieinander entstanden sein können, gelangten sie wahrscheinlich nachträglich in ihre heutige Position.

Die meisten Sterne im Kosmos sind keine Einzelgänger, sondern Teil eines Doppel- oder Mehrfachsystems – auch unsere Sonne hatte wahrscheinlich einst eine stellare Schwester. Astronomische Beobachtungen legen nahe, dass der Anteil von Doppelsternsystemen mit sinkender Sternenmasse abnimmt: Während massereiche Blaue Riesen noch zu mehr als 80 Prozent im Doppelpack auftreten, sinkt dieser Anteil bei massearmen Roten und Braunen Zwerge auf weniger als 20 Prozent.

Allerdings: Gerade sehr kühle, leuchtschwache Zwergsterne stehen oft relativ nah beieinander. Deshalb können Astronomen oft nur schwer erkennen, ob diese M-Zwerge einzeln oder zu zweit am Himmel stehen. Bisher sind daher erst drei solcher ultrakalten Zwergenpaare mittels Transit identifiziert worden, wie Chih-Chun Hsu von der Northwestern University und seine Kollegen berichten. Als ultrakalt gelten dabei Zwergsterne mit Oberflächentemperaturen von weniger als 2.100 Grad.

Lichtspektrum verrät Doppelnatur

Jetzt kommt ein weiteres Zwergenpaar dazu – und noch dazu ein rekordträchtiges. Die beiden Sterne LP 413-53 A und B liegen rund 120 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Stier und erscheinen in Teleskopaufnahmen als nur ein Stern. Allerdings weckten leichte Helligkeitsschwankungen schon länger den Verdacht, dass sich hinter diesem nahen Zwerg in Wirklichkeit ein Doppelsystem verbergen könnte. Um dies zu überprüfen, haben Chu und sein Team das System mit dem Nahinfrarot-Spektrometer am Keck-Observatorium auf Hawaii untersucht.

Die Beobachtungen enthüllten, dass es sich bei LP 413-53AB tatsächlich um zwei eng beieinander liegende Sterne handeln musste. Die beiden Zwerge sind nur 0,08 und 0,06 Sonnenmassen leicht und haben Oberflächentemperaturen von weniger als 2.100 Grad. Erkennbar war die Doppelnatur dieses Systems an einem regelmäßigen Auseinanderdriften mehrerer Spektrallinien. Dabei erfolgte diese Bewegung erstaunlich schnell: „Wir konnten sehen, wie sich die Spektren innerhalb nur weniger Minuten veränderten“, sagt Koautor Adam Burgasser von der University of California in San Diego. „Bei den meisten Doppelsternen dauert das Jahre.“

LP 413-53AB
Die ultrakalten Zwergsterne von LP 413-53AB sind mehr als seine Milliarde Jahre alt. In ihrer Anfangszeit müssen sie weit größer gewesen sein. © Adam Burgasser/ UC San Diego

Engste Paarung aller Zwerge

Aus den Analysen ging hervor: Die beiden Zwergsterne von LP 413-53AB umkreisen sich mit einer Periode von nur 17 Stunden. Sie sind demnach weniger als 0,008 astronomische Einheiten voneinander entfernt – das entspricht weniger als einem Hundertstel der Entfernung von der Erde zur Sonne. „Damit ist dies das sich am engsten umkreisende Paar ultrakalter Zwergsterne, das man kennt“, sagen die Astronomen. Gleichzeitig ist LP 413-53AB auch eines der engsten Doppelsysteme unter allen Hauptreihensternen.

„Ein so extremes System zu entdecken ist sehr spannend“, sagt Chu. „Wir wussten zwar, dass solche Doppelsysteme im Prinzip existieren, aber zuvor hatte man keines davon entdeckt.“ Ungewöhnlich ist auch das Alter dieses Zwergenpaares: Die drei bisher bekannten ultrakalten Doppelzwerge waren weniger als 40 Millionen Jahre alt und damit noch sehr jung und vergleichsweise warm. Aber LP 413-53AB ist nach Einschätzung der Astronomen schon mehr als eine Milliarde Jahre alt, wahrscheinlich haben sie etwa das Alter unserer Sonne.

Nach innen gewandert

Das aber bedeutet: In ihrer Jugend müssen diese beiden Zwergsterne noch deutlich größer und heißer gewesen sein. Ihre Oberflächen hätten sich bei dem heutigen Abstand fast berührt. Angesichts des minimalen Abstands beider Zwergsterne voneinander gehen die Astronomen davon aus, dass sie nicht in ihrer heutigen Lage entstanden sind. Stattdessen bildeten sich die beiden Zwerge wahrscheinlich in größerer Entfernung voneinander. Erst im Nachhinein drifteten sie dann durch ihre gegenseitige Anziehung und die bremsende Wirkung von Gezeitenkräften aufeinander zu.

Alternativ könnte auch ein ursprünglich dritter Partner im System die beiden Zwerge auf Tuchfühlung gebracht haben. Sein Schwerkrafteinfluss bremste die ultrakalten Zwerge ab, bevor der dritte Stern dann durch Turbulenzen aus dem System katapultiert wurde. „Tatsächlich sind einige enge Paare ultrakalter Zwergsterne bekannt, die noch immer in hierarchischen Dreiersystemen sind“, erklären Chu und seine Kollegen. (The Astrophysical Journal Letters, accepted; doi: 10.48550/arXiv.2301.07039)

Quelle: W. M. Keck Observatory

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