Brauner Zwerg oder Planet? Astronomen haben in nur 20 Lichtjahren Entfernung einen Himmelskörper entdeckt, der genau auf der Grenze zwischen Stern und Planet steht. Er ist nur knapp größer als Jupiter, aber deutlich schwerer. Rätselhaft auch: Dieses Objekt besitzt ein ungewöhnlich starkes Magnetfeld und Polarlichter. Wie diese zustande kommen, darüber können Forscher bisher nur spekulieren.
Braune Zwerge sind die Grenzgänger unter den Himmelskörpern. Denn sie sind zu groß und warm für Planeten, aber zu klein und kalt, um echte Sterne mit anhaltender Kernfusion zu werden. Nach Schätzungen der Astronomen könnte es allein in unserer Milchstraße 100 Milliarden solcher „gescheiterter Sterne“ geben. Auch in unsere unmittelbaren Nachbarschaft gibt es gleich mehrere Braune Zwerge.
Genau auf der Grenze
Doch jetzt haben Astronomen um Melodie Kao vom California Institute of Technology einen Braunen Zwerg entdeckt, der in gleich mehrerer Hinsicht Rätsel aufgibt. Beobachtungen mit den Radioteleskopen des Very Large Array (VLA) zeigen, dass der nur 20 Lichtjahre entfernte SIMP J01365663+0933473 für einen Braunen Zwerg eigentlich zu klein und leicht ist. „Dieses Objekt sitzt genau auf der Grenze zwischen Planet und Braunem Zwerg“, erklärt Kao.
Der seltsame Himmelskörper ist rund 12,7 Jupitermassen schwer und sein Radius ist „nur“ 1,22 Mal so groß wie der des Gasriesen. Damit sitzt er knapp unterhalb der Grenze von rund 13 Jupitermassen, ab der eine Deuterium-Kernfusion möglich ist und ein Objekt daher als Brauner Zwerg gilt. Hinzu kommt: SIMP J01365663 ist erst 200 Millionen Jahre alt und liegt mitten in einer Gruppe sehr junger Sterne. Dennoch ist der Himmelskörper nur 825 Grad heiß – das ist für einen jungen Braunen Zwerg eher wenig.
Brauner Zwerg oder Einzelgänger-Planet?
Sollte es sich doch um einen ungewöhnlich großen Planeten handeln? Wenn ja, dann würde SIMP J01365663 zu den sogenannten Einzelgänger-Planeten gehören – Gasriesen, die nicht um einen Stern kreisen, sondern alleine durch das All wandern. Einige dieser Einzelgänger könnten durch Turbulenzen in ihrem Heimatplanetensystem ins All geschleudert worden sein. Andere entstanden wahrscheinlich wie Sterne durch den Kollaps von Gaswolken und waren damit von Beginn an einzeln.
Noch wissen die Astronomen nicht, ob SIMP J01365663+0933473 Planet oder Brauner Zwerg ist. Eingeordnet haben sie ihn vorerst in die Spektralklasse T2.5. Braune Zwerge dieser Gruppe zeigen ähnlich wie manche Gasriesen Spektralsignaturen von Wasser, Kohlenmonoxid und Methan in ihren Atmosphären. Auch Natrium und Kalium sind in größeren Mengen präsent.
Ungewöhnlich starkes Magnetfeld und Auroren
Noch rätselhafter aber ist eine weitere Beobachtung: Dieser Braune Zwerg oder Planet besitzt ein 200 Mal stärkeres Magnetfeld wie der Jupiter. „Die Kombination von Alter, Masse und Temperatur dieses Himmelskörpers kann ein so starkes Magnetfeld nicht erklären“, konstatieren die Forscher. Sie vermuten, dass dieser Braune Zwerg eine ungewöhnlich schnelle Rotation besitzen könnte, die dazu beiträgt, sein Magnetfeld zu erzeugen.
Und nicht nur das: Der rätselhafte Sonderling hat auch Polarlichter. Bei uns auf der Erde entstehen solche Leuchterscheinungen, weil der Sonnenwind mit dem Magnetfeld des Planeten interagiert. Doch SIMP J01365663+0933473 ist ein Einzelgänger, in dessen Nähe es keinen Stern und damit auch keinen Sonnenwind gibt.
Wie aber kommt dann sein Polarlicht zustande? Bisher können die Astronomen darüber nur spekulieren. Eine Möglichkeit wäre, dass der Himmelskörper einen noch unentdeckten Planeten oder Mond besitzt. Dann könnten Wechselwirkungen dieser Trabanten mit dem Magnetfeld des Objekts die Polarlichter auslösen – ähnlich wie beim Saturn und seinem Mond Enceladus. Denkbar wäre aber auch, dass Wechselwirkungen innerhalb der Atmosphäre von SIMP J01365663 diese Auroren produzieren – ähnlich wie bei einigen Polarlichtern des Jupiter.
„Dieses Objekt liefert uns einige Überraschungen, könnte aber genau deswegen dabei helfen, die magnetischen Prozesse bei Sternen und Planeten besser zu verstehen“, sagt Kao. (Astrophysical Journal, 2018; doi: 10.3847/1538-4365/aac2d5)
(National Radio Astronomy Observatory (NRAO), 03.08.2018 – NPO)