Astronomie

Zweiter Nachweis von Gravitationswellen

LIGO-Detektoren registrieren eine weitere Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher

Der Todestanz von zwei Schwarzen Löchern mit acht und 14 Sonnenmassen verursachte den erneuten Schub vomn Gravitationswellen. © Numerisch-relativistische Simulation: S. Ossokine, A. Buonanno (MPI für Gravitationsphysik), Simulating eXtreme Spacetime Projekt; Visualisierung: T. Dietrich, R. Haas (MPI für Gravitationsphysik)

Kein Einzelfall mehr: Die LIGO-Detektoren in den USA haben erneut Gravitationswellen registriert. Am 25. Dezember 2015 zeigten ihre Instrumente wieder eine kurzzeitige Erschütterung der Raumzeit an. Nach Angaben der LIGO-Forscher wurden auch diese Gravitationswellen von einer Verschmelzung Schwarzer Löcher erzeugt, diesmal allerdings von etwas kleineren. Der erneute Nachweis belegt, dass solche Ereignisse im Kosmos durchaus häufig vorkommen – und dass wir nun die Technik besitzen, um sie zu belauschen.

Der 11. Februar 2016 läutete eine neue Ära der Astronomie und Physik ein. Denn Physiker des Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) verkündeten der staunenden Weltgemeinschaft, dass ihre beiden Detektoren in den USA erstmals Gravitationswellen nachgewiesen hatten – die Erschütterungen der Raumzeit, die schon Albert Einstein vor gut hundert Jahren vorhergesagt hatte.

Erneuter Todestanz zweier Schwarzer Löcher

Jetzt haben die beiden 3.000 Kilometer voneinander entfernt liegenden LIGO-Detektoren erneut das charakteristische Signal von Gravitationswellen aufgefangen. Am 25. Dezember 2015 – sozusagen als Weihnachtsgeschenk – schlugen die sensiblen Messgeräte erneut Alarm. „Ich hätte nie geglaubt, dass wir so viel Glück haben, nicht nur einen, sondern sogar zwei Nachweise schon in den ersten Beobachtungsmonaten zu bekommen“, sagt LIGO-Forscher Chad Hanna von der Pennsylvania State University.

Das Signal traf zuerst im Detektor in Livingston ein, 1,1 Millisekunden später dann auch im Detektor in Hanford. Aus Amplitude und Form der Wellen schließen die Physiker, dass ihre Quelle rund 1,4 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt liegt. Die Ursache der Raumzeit-Schwingungen ist, wie beim ersten Ereignis, die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher.

Der erneute Nachweis eines solchen Ereignisses bestätigt, dass ein solcher Todestanz zweier Massegiganten im Universum keine Rarität ist: „Wir können uns nun sicherer sein, dass die Verschmelzung von Schwarzen Löchern in unserer kosmischen Nachbarschaft durchaus häufig vorkommt“, sagt Hanna.

Die LIGO-Detektoren registrierten die Signale der letzten 27 Umkreisungen, hier der Zustand unmittelbar vor der Verschmelzung. © S. Ossokine, A. Buonanno (MPI für Gravitationsphysik), Simulating eXtreme Spacetime Projekt; T. Dietrich, R. Haas (MPI für Gravitationsphysik)

Letzte Umkreisungen eingefangen

Wie die Forscher berichten, wurden die aufgefangenen Gravitationswellen während der letzten 27 Umkreisungen der beiden Massegiganten erzeugt. „GW151226 stimmt perfekt mit unseren theoretischen Vorhersagen dafür überein, wie zwei schwarze Löcher einander mehrere Dutzend Mal umrunden und schließlich miteinander verschmelzen“, sagt Alessandra Buonanno vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam. „Wir konnten sogar feststellen, dass mindestens eines der beiden Löcher rotierte.“

Nähere Analysen ergaben, dass die beiden Schwarzen Löcher deutlich masseärmer sind als beim ersten Ereignis. Mit acht und 14 Sonnenmassen sind sie vergleichsweise schmächtig. Als die verschmolzen, entstand ein neues, rotierendes Schwarzes Loch von rund 21 Sonnenmassen. Bei diesem kataklysmischen Ereignis wurde das Äquivalent einer Sonnenmasse als Energie in Form von Gravitationswellen freigesetzt, wie die Forscher berichten.

Schwächeres, aber länger anhaltendes Signal

Weil die beiden Schwarzen Löcher kleiner waren und sich langsamer aufeinander zu bewegten

sah auch das registrierte Signal deutlich anders aus: Statt nur 0,5 Sekunden hielt es mehrere Sekunden an, war dafür aber deutlich schwächer. „Im Gegensatz zu den ersten Wellen hatte dieses neue Ereignis eine Amplitude, die deutlich unter der Rauschschwelle der Detektoren lag“, erklärt Hanna.

Blick in den Kontrollraum eines der LIGO-Detektoren © LIGO Collaboration

Erst eine speziell entwickelte Software sorgte dafür, dass die charakteristischen Signale erkannt und aus dem Rauschen herausgefiltert wurden. „Es ist fabelhaft, dass unsere Wellenformmodelle dieses schwache, aber so unglaublich wertvolle Gravitationswellen-Signal aus dem Rauschen extrahiert haben“, sagt Buonanno. Obwohl das neue Signal schwächer ist als das erste, beziffern die Forscher die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es ein echter Nachweis ist, auf mehr als 99,99999 Prozent.

Bald sogar das Signal von Neutronensternen?

Die Tatsache, dass die LIGO-Detektoren selbst ein solches vergleichsweise schwaches Signal zuverlässig registrieren, stimmt die Forscher zuversichtlich: „Mit dem Nachweis von zwei starken Ereignissen in den ersten vier Monaten können wir nun anfangen, Vorhersagen darüber zu treffen, wie oft wir künftig Gravitationswellen hören werden“, sagt LIGO-Forscher Albert Lazzarini vom California Institute of Technology.

Sein Kollege Hanna wird noch konkreter: „Unsere Erfahrungen mit diesem neuen Paar Schwarzer Löcher gibt uns die Zuversicht, dass wir mit der aktuellen Technik sogar Systeme mit sehr kleinen Amplituden wie beispielsweise einander umkreisende Neutronensterne detektieren können“, so der Forscher.

Die Chance stehen gut: In diesem Herbst beginnt LIGO die nächste Beobachtungsperiode mit noch weiter verbesserten Detektoren. Sie können dann ein bis zu doppelt so großes Volumen des Weltalls nach Gravitationswellen absuchen. Wenig später wird der ebenfalls aufgerüstete Virgo-Detektor in Italien in Betrieb gehen. Mit drei Observatorien können die Physiker dann erstmals die Quelle der Gravitationswellen über eine Triangulation lokalisieren. Mit bisher nur zwei Detektoren war nur eine grobe Richtungsbestimmung möglich. (Physical Review Letters, in press)

(Pennsylvania State University, University of Maryland, CNRS, Max-Planck-Gesellschaft, 16.06.2016 – NPO)

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