Medizin

Mittel gegen Metastasen entdeckt?

Neuer Wirkstoff scheint Metastasierung von Tumoren zu hemmen - zumindest im Tierversuch

Krebs wird besonders gefährlich, wenn er Metastasen bildet. © Selvanegra/ iStock.com

Potenzielle Waffe gegen streuende Tumore: Forscher haben ein mögliches Mittel gegen die Metastasenbildung bei Krebs entdeckt. Bei Mäusen, die an Bauchspeicheldrüsen-, Brust- und Prostatakrebs erkrankt waren, hemmte der Wirkstoff die Bildung von Metastasen deutlich – und die Nager lebten länger. Gibt es die nötige behördliche Erlaubnis, sollen schon bald Studien am Menschen folgen.

Die Diagnose Krebs ist heute längst kein Todesurteil mehr: In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich die Überlebensrate von Patienten signifikant verbessert – mit einer Ausnahme. Bildet der Tumor Metastasen und streut in andere Organe, sieht die Prognose noch immer düster aus. Daran haben auch die jüngsten Fortschritte in der Medizin nichts geändert. „Es gibt viele Medikamente, die Krebszellen abtöten sollen. Doch es existiert kein einziges Mittel, das speziell die Metastasenbildung bekämpft“, sagt Juan Marugan vom NIH Chemical Genomics Center in Rockville.

Das liegt auch daran, dass Wissenschaftler diesen komplexen Prozess bis heute nicht vollständig verstanden haben. Inzwischen gibt es jedoch einige Erkenntnisse, die sich als mögliche Ansatzpunkte für solche Therapeutika eignen könnten. Einer davon haben sich nun Maragun und seine Kollegen um Studienleiter Kevin Frankowski von der University of Kansas in Lawrence gewidmet.

Biomarker für Metastasierung

Seit einiger Zeit ist bekannt, dass eine kleine, rätselhafte Zellstruktur eine wichtige Rolle für die Metastasierung zu spielen scheint. Dieses sogenannte perinukleäre Kompartiment (PNC) kommt nur auf Krebszellen vor und seine genaue Funktion ist unklar. Untersuchungen zeigen jedoch: Je mehr PNCs im Primärtumor vorhanden sind, desto erfolgreicher streut der Krebs und desto wahrscheinlicher endet er für die Betroffenen tödlich.

Für ihre Studie machten sich die Forscher daher auf die Suche nach einem Wirkstoff, der diese Strukturen angreifen kann. Insgesamt testeten sie mehr als 140.000 Kandidaten. Knapp 100 chemische Komponenten zeigten dabei überhaupt eine Aktivität gegen die Zielstruktur – doch nur eine konnte das PNC im Versuch mit Pankreaskrebszellen vollständig zerstören. Diesen Wirkstoff veränderten die Wissenschaftler, um ihn noch geeigneter als potenzielles Medikament zu machen.

Klinische Studien in Sicht?

Wie effektiv ihr Anti-Metastasen-Mittel namens Metarrestin wirklich ist, untersuchten sie anschließend in einer Reihe von Experimenten mit Mäusen. Dabei zeigte sich: Bei Nagern mit Bauchspeicheldrüsen-, Brust- und Prostatakrebs hemmte der Wirkstoff die Bildung von Metastasen, zum Beispiel in Lunge und Leber, signifikant. Als Folge überlebten die Mäuse länger als Tiere aus einer Kontrollgruppe. Wie das Team berichtet, scheint Metarrestin durch seinen Einfluss auf das PNC die Proteinsynthese-Maschinerie der Krebszellen zu behindern.

In Zukunft könnte der neue Wirkstoff zum Beispiel für die Behandlung nach einer Krebsoperation zum Einsatz kommen. Da fortgeschrittene Tumore mit dem Skalpell selten vollständig entfernt werden können, bekommen Patienten danach häufig eine Chemotherapie, um die Rückkehr des Tumors und eine Metastasierung zu verhindern. Metarrestin kann hierbei womöglich eine nützliche Ergänzung sein.

„Für Betroffene mit Tumoren mit hohem Metastasierungspotenzial könnten sich als Folge bessere Resultate ergeben“, sagt Mitautorin Sui Huang von der Northwestern University in Chicago. Das Team arbeitet nun bereits daran, Metarrestin von der US-Arzneimittelbehörde FDA als „Investigational new drug“ zugelassen zu bekommen – eine entscheidende Voraussetzung, um den Wirkstoff später am Menschen testen zu dürfen. (Science Translational Medicine, 2018; doi: 10.1126/scitranslmed.aap8307)

(AAAS/ Northwestern University/ NIH, 17.05.2018 – DAL)

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