Medizin

Tattoo-Entfernung kann Blausäure freisetzen

Blauer Tätowier-Farbstoff zerfällt bei Laserbestrahlung zu giftigen Chemikalien

Der blaue Farbstoff vieler Tattoos kann beim Laser-Entfernen Blausäure und Benzol erzeugen © Scott Snyder/ freeimages

Forscher warnen: Die Entfernung von Tätowierungen durch Laser kann in der Haut Gifte freisetzen. Denn der gängige blaue Farbstoff Phthalocyanin-Blau erzeugt beim Zerfall krebserregendes Benzol und sogar giftige Blausäure. Die freigesetzte Menge reicht aus, um Zellschäden zu verursachen, berichten Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“. Gerade bei großflächigen Tattoos könne dies ein Gesundheitsrisiko darstellen, warnen sie.

Ob Arschgeweih oder echte Körperkunst – nicht immer findet man eine Tätowierung auch nach Jahren noch passend oder schön. Doch in die Haut eingestochene Pigmente zu entfernen, ist nicht einfach. Früher half nur ein Abtragen der Haut mittels Skalpell, heute wird meist ein Rubinlaser dafür eingesetzt. Das energiereiche Licht erhitzt die Pigmente und spaltet sie zu farblosen Abbauprodukten.

Blauer Tattoo-Farbstoff im Lasertest

Doch welche Stoffe bei dieser Laser-Entfernung entstehen und welche gesundheitlichen Wirkungen sie in der Haut und im Körper haben, ist bisher kaum untersucht. Dies gilt auch für das in Europa in Tätowierungen am weitesten verbreitete blaue Pigment, das Phthalocyanin-Blau. „Daten zu seiner Sicherheit als Tattoo-Pigment und zu seinem Zerfallsverhalten sind zurzeit noch nicht vorhanden“, konstatieren Ines Schreiver vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und ihre Kollegen.

Um das zu ändern, haben die Forscher im Laborexperiment untersucht, wie das Phthalocyanin-Blau unter Bestrahlung mit einem Rubinlaser zerfällt und welche Stoffe dabei entstehen. Die Abbauprodukte wurden eingefangen und mit Hilfe von Gaschromatografen und Massenspektrometern analysiert.

Die Abbauprodukte vieler Tattoo-Pigmente sind bisher nicht untersucht © Mikas Vitkauskas/ freeimages

Blausäure und Benzol

Das erschreckende Ergebnis: Beim Zerfall setzte das blaue Pigment gleich mehrere schädliche Substanzen frei. Unter anderem entstanden Benzol, Benzonitril und sogar Blausäure (HCN). „Unter allen Abbauprodukten des Phthalocyanin-Blaus ist die Blausäure von besonderer Relevanz, denn sie ist stark zelltoxisch“, erklären die Forscher. Das Einatmen dieses Gases kann innerhalb von Sekunden einen Menschen töten, dafür reicht bereits eine Konzentration von nur 0,005 Prozent in der Luft aus.

Zwar wirkt die Blausäure in der Haut weniger stark giftig. Dennoch reichen die bei der Tattoo-Entfernung entstehenden Mengen aus, um Zellschäden zu verursachen, wie die Forscher berichten. Übertragen auf die menschliche Haut erzeugte die Laserbehandlung HCN-Konzentrationen von bis zu 30 Mikrogramm pro Milliliter. Geschieht dies in gut durchbluteten Hautpartien, dann kann ein großer Teil dieses Gifts in Blut gelangen.

„Besorgnis erregend“

„Angesichts dessen, dass eine Dosis von rund fünf Mikrogramm pro Milliliter im Blut schon tödlich sein kann, sind lokale Blausäure-Konzentrationen von 30 Mikrogramm Besorgnis erregend“, so Schreiver und ihre Kollegen. „Dies gilt vor allem dann, wenn extrem große Tätowierungen entfernt werden.“ Denn Konzentrationen und Auswirkungen variieren je nach Tattoo-Größe, Ort, Wellenlänge des Lasers und Pigmentdichte.

„Der Nachweis des aromatischen Kohlenwasserstoffs Benzol verstärkt die Gesundheitsbedenken noch, auch wenn dessen Konzentrationen gering waren“, sagen die Forscher. Denn das Benzol gilt als krebserregend, egal auf welchem Wege es der Körper aufnimmt. Die Wissenschaftler betonen zwar, dass noch weitere Untersuchungen nötig sind, um ihre Ergebnisse zu bestätigen. Dennoch sprechen sie sich dafür aus, künftig Tattoo-Pigmente stärker zu kontrollieren und ihre Abbauprodukte in der Risikobewertung mit einzubeziehen.

Bis dahin empfehlen die Forscher, Tattoo-Entfernungen nur mittels medizinisch anerkannter Verfahren und von geschultem Personal in entsprechenden Einrichtungen vornehmen zu lassen. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep12915)

(Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), 14.08.2015 – NPO)

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