Medizin

Wird Prostatakrebs von Viren ausgelöst?

Forscher finden Zusammenhang zwischen HPV-Infektion und Prostatakrebs

HPV
Humane Papillomaviren stehen im Verdacht, neben Gebärmutterhalskrebs auch Prostatakrebs verursachen zu können. © National Cancer Institute

Infektion als Ursache? Die häufigste Krebserkrankung bei Männern könnte einen viralen Auslöser haben, wie eine Metastudie enthüllt. Demnach wird Prostatakrebs offenbar durch eine Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) verursacht oder zumindest begünstigt. Indizien dafür ist die Präsenz des Virus in auffällig vielen Prostatatumoren. Eine HPV-Impfung sei daher auch für Jungen sinnvoll und wichtig, betonen die Forscher.

Das Humane Papillomavirus (HPV) kann jeden treffen: 50 bis 80 Prozent aller Männer und Frauen stecken sich im Laufe ihres Lebens mit diesem sexuell übertragbaren Erreger an – meist ohne es zu merken. Denn in 90 Prozent der Fälle bleibt die Infektion symptomlos. Doch bei einem Teil der infizierten Frauen fördert das Virus die Entartung von Zellen im Gebärmutterhals und verursacht ein Zervixkazinom. Bei Männern kann eine HPV-Infektion Krebs im Rachen, Penis oder Anus auslösen.

Um sich gegen eine HPV-Infektion und deren Folgen zu schützen, können sich Mädchen und Jungen seit 2007 kostenlos gegen dieses Virus impfen lassen. Die Impfung vor dem ersten Sex schützt sie vor einer Ansteckung und damit auch vor späteren Krebsleiden durch HPV. Bisher galten Männer allerdings als insgesamt weniger durch HPV-assoziierte Krebsarten gefährdet.

HPV-Viren im Krebsgewebe

Das erweist sich möglicherweise als Irrtum. Denn ausgerechnet die häufigste Tumorerkrankung von Männern – Prostatakrebs – wird wahrscheinlich ebenfalls vom Humanen Papillomavirus ausgelöst oder zumindest begünstigt. Hinweise darauf liefert eine systematische Auswertung von 26 Studien, die seit 1980 zum Thema Prostatakrebs und HPV veröffentlicht wurden. James Lawson und Wendy Glenn von der University of New South Wales prüften, ob HPV bei bösartigen Prostatatumoren häufiger im Gewebe nachweisbar ist.

Das Ergebnis: Tatsächlich zeigte sich eine auffällige Häufung der besonders krebserregenden HPV-Varianten 16 und 18 im Prostatagewebe von Tumorpatienten. Bei gut 21 Prozent der 1.071 untersuchten Krebsfälle waren die Viren nachweisbar, bei gesunden Kontrollen und Männern mit gutartigen Prostatatumoren waren es dagegen nur 6,7 Prozent. „Diesen Zusammenhang von Hochrisiko-HPV-Typen und Prostatakrebs haben wir in einer breiten Spanne von Ländern und in Studien mit verschiedenen Methoden gefunden“, sagt Glenn.

„Kausaler Zusammenhang sehr wahrscheinlich“

Experimente mit Zellkulturen legen nahe, dass eine Infektion mit diesen HPV-Stämmen die Entartung von Zellen des Prostata-Epithels fördert. „Die Hochrisiko-Typen HPV-16 und 18 haben die Fähigkeit, normale Prostatazellen in Krebszellen umzuwandeln“, erklären Lawson und Glenn. „Weitere Studien zeigen zudem, dass gesunde Männer, in deren Prostatageweben diese Viren nachgewiesen wurden, zehn Jahre später häufiger an Prostatakrebs erkranken.“

Nach Ansicht der Wissenschaftler gibt es damit Grund genug anzunehmen, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen HPV und Prostatakrebs gibt. Zwar kann auch ihre Studie nur Korrelationen feststellen, jedoch die Ursächlichkeit nicht beweisen. Angesichts der bereits bekannten Rolle der Papillomaviren bei anderen Krebsarten halten Lawson und Glenn die nun zusammengetragenen Indizien aber für plausibel genug.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hochrisiko-Typen von HPV eine kausale Rolle für Prostatakrebs spielen“, konstatieren sie.

HPV-Impfung auch für Jungen

Das aber bedeutet auch, dass die HPV-Impfung wichtiger sein könnte als bislang angenommen. „Viele Menschen glauben, dass HPV-Infektionen vor allem bei Frauen zu Krebs führen“, sagt Lawson. Deshalb gelte die HPV-Impfung zwar für Mädchen als sinnvoll, werde aber für Jungen weit weniger in Anspruch genommen. Sollten die Papillomaviren aber tatsächlich entscheidend zum späteren Prostatakrebs-Risiko beitragen, könnte diese Impfung viele Krebsfälle verhindern.

Wie die Papillomaviren den Prostatakrebs verursachen, ist allerdings noch ungeklärt. Denkbar wäre sowohl eine direkte Rolle der Viren als auch eine indirekte, wie die Forscher erklären. So könnte HPV unterschwellige Entzündungsprozesse verursachen, krebshemmende Enzyme außer Kraft setzen oder auch gemeinsam mit anderen Erregern zusammenwirken. (Infectious Agents and Cancer, 2020; doi: 10.1186/s13027-020-00305-8)

Quelle: BioMed Central

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