Weltrekord: Forscher haben einen nur 200 Nanometer kleinen Düsenantrieb konstruiert – und dafür jetzt einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde bekommen. Der Miniatur-Düsenmotor besteht aus einem Nanoröhrchen, dass sich mittels Rückstoß durch eine Flüssigkeit bewegt. Für den Antrieb sorgt dabei Harnstoff, der in Inneren des Röhrchens in Gase umgewandelt wird. Ihr Ausstoß aus dem Rohrende schiebt das Minigefährt durch die Flüssigkeit.-
Wenn es um die Konstruktion von Nanomotoren geht, sind Wissenschaftler erfinderisch. Sie haben bereits Nanoautos mit elektrochemisch angetriebenen Rädern konstruiert, winkende Nanoroboter aus DNA und Elektromotoren aus nur einem Molekül. Sogar ein Nano-U-Boot mit UV-Antrieb und eine Miniatur-Rakete mit Wasserstoff-Peroxid als Treibstoff gibt es bereits. Für sie gab es 2010 einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde.
Harnstoffreaktion als Antrieb
Noch eins draufgesetzt haben nun Samuel Sánchez vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart und sein chinesischer Kollege Xing Ma. Sie haben die Mini-Rakete noch unterboten und den bisher kleinsten Düsenantrieb der Welt konstruiert: ein Nanoröhrchen, das durch Flüssigkeit saust wie ein Düsenjet. Der Miniatur-Düsenantrieb besteht aus einem nur 220 Nanometer dünnen Röhrchen – das ist 200 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares.
Durch dieses Röhrchen fließt keine Luft wie bei einem Flugzeug, sondern eine Harnstoff enthaltende Flüssigkeit. Wenn diese durch den Innenraum des Röhrchens strömt, reagiert der Harnstoff mit den an der Innenwand angebrachten Enzymen. Dabei entstehen in einer biokatalytischen Reaktion aus Harnstoff Ammoniak und gasförmiges Kohlendioxid. Dieses strömt nach hinten aus und schiebt die Röhre an wie ein Düsenantrieb.
Nanohelfer für die Medizin
Mit ihrem Nano-Düsenantrieb haben die Forscher nicht nur einen neuen Weltrekord aufgestellt. Ihre düsengetriebenen Nanoröhrchen könnten zukünftig auch in der Medizin nützliche Dienste leisten. „Wir hoffen sehr, dass unsere Nano-Röhre eines Tages durch den Körper eines Menschen wandern kann, um Medikamente dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Ähnlich wie ein Paketlieferservice“, sagt Sánchez.
Wenn man an einem Röhrchen-Ende eine Spitze anbringt, könnte der Nano-Düsenantrieb sogar als Miniaturtorpedo fungieren und gegen Tumore eingesetzt werden, wie der Forscher erklärt. „unsere Röhre sticht dann in eine Krebszelle hinein und zerstört sie“, so Sanchez. Weil Harnstoff auch von Natur aus im Körper vorkommt, würden die Nano-Düsenantriebe dabei problemlos Treibstoff finden.
(Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, 26.10.2017 – NPO)