Chemie

Römer: Super-Beton widerstand sogar Erdbeben

Mineralgeflecht im römischen Mörtel schützte Mauern gegen Risse

Bohrkern mit römischem Beton aus dem Trajansforum in Rom © Carol Hagen

Geheimzutat Vulkanasche: Viele römische Bauwerke haben selbst schwere Erdbeben überstanden. Was die Bauten so stabil machte, haben Forscher nun herausgefunden: der Römer-Zement. Dieser mit Vulkanasche angemischte Mörtel bildet ein dichtes Mineralgeflecht, das die Mauern gegen zerstörerische Mikrorisse schützt.

Das Trajansforum in Rom ist eine echte Shopping-Mall der Antike: Auf drei Stockwerken verteilt boten Händler in 150 Läden ihre Waren feil. Gewaltige Bögen, Innenhöfe und eine Bibliothek ergänzten das Angebot im dem 143 nach Christus fertiggestellten Bau. Faszinierend aber ist nicht nur die Größe, sondern vor allem die Stabilität und Standfestigkeit der Trajansmärkte: Sie überstanden im Laufe ihrer rund 1.900 Jahre alten Geschichte mehrere starke Erdbeben und zeigen zudem kaum Spuren der Erosion.

Zement als Schlüssel?

Was aber macht dieses und andere römische Bauwerke so erstaunlich stabil? Marie Jackson von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen sind dieser Frage nachgegangen. Ihr Verdacht: Der zementartige Mörtel, mit dem die Römer die Tuffstein-Bausteine verklebten, ist der Schlüssel für diese bemerkenswerte Widerstandskraft. Schon 2013 hatten Forscher diesen Zement im Zusammenhang mit den stabilen Hafenanlagen der Römer untersucht und dabei entscheidende Unterschiede zu unserem heutigen Beton entdeckt.

Die Trajans-Märkte, vom Trajansforum aus gesehen © Marie Jackson

Heute wird Zement hergestellt, indem gemahlener Kalk und Ton bei rund 1.450 Grad Celsius gebrannt werden. Dabei entsteht ein komplexes Gemisch aus Kalziumsilikaten und anderen Elementen. Härtet der mit Wasser versetzte Zement aus, entstehen Kalziumsilikat-Hydrate, kristalline Verbindungen, die dem Material große Festigkeit verleihen.

Vulkanasche als entscheidende Zutat

Die Römer stellten ihren Zement jedoch aus Kalk und vulkanischen Aschen her. Dafür mischten sie beides und brachten es mit Meerwasser in Kontakt. Dies löste eine chemische Reaktion aus, bei der der Kalk mit Wasser und Aschen zu Zement reagierte. Mit gröberen Steinen und Aschenbrocken vermischt, entstand daraus eine Art Beton. Die für diesen sogenannten Pozzolan genutzte Asche stammte größtenteils aus vulkanischen Ablagerungen in den Phlegräischen Feldern, einem Vulkangebiet 20 Kilometer westlich des Vesuv.

Um herauszufinden, ob und wie dieser auch im Trajansforum verbaute Pozzolan die römischen Gebäude sogar erdbebenfest machte, entnahmen Jackson und ihre Kollegen Proben des römischen Betons und untersuchten diese mit Hilfe der Mikro-Röntgendiffraktion. Außerdem mischten sie nach römischem Rezept selbst Pozzolan an und führten damit chemische und mechanische Tests durch.

Diese Aufnahme des römischen Betons im Elektronenmikroskop zeigt die Strätlingit-Kristalle. © Marie Jackson

Mineralplättchen in den Schwächezonen

Das Ergebnis: Der angemischte Pozzolan, ein Kalzium-Aluminium-Silikat-Hydrat, kristallisiert während der etwa 180 Tage dauernden Aushärtung zu einem plattenförmigen Mineral aus. Dieses Strätlingit, ein Kalzium-Aluminium-Silikat, bildet dichte, verschränkte Cluster, die vor allem die Übergangszonen zwischen dem Zementmörtel und den größeren Partikeln füllen.

Und genau diese Füllung der Übergangszonen ist der Schlüssel für die Stabilität der römischen Bauwerke, wie die Forscher erklären. Denn diese Zonen sind auch heute die Schwächezonen im Beton – die Bereiche, in denen sich beispielsweise bei einem Erdbeben als erstes Risse ausbreiten. Heute versucht man dies zu verhindern, indem man dem Zement feine Fasern zusetzt. Doch eine so gezielte Stärkung der Schwächezonen wie beim quasi von selbst entstehenden Strätlingit im römischen Mörtel gelingt damit nicht.

Mit ihrem Pozzolan waren die Römer damit nicht nur ihrer Zeit weit voraus. Ihr Beton ist auch heute noch den modernen Mischungen in punkto Haltbarkeit und Stabilität überlegen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2014; doi: 10.1073/pnas.1417456111)

(PNAS, 16.12.2014 – NPO)

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