Verdacht auf ein Melanom: Ärzte könnten künftig ein neuartiges, von Fraunhofer-Forschern entwickeltes Mikroskop zücken, um verdächtige und gefährliche Hautveränderungen zu entlarven. Es untersucht beliebig große Flächen mit hoher Auflösung – und das so schnell, dass man es in der Hand halten kann, ohne die Aufnahme zu verwackeln.
Sind die dunklen Hautverfärbungen des Patienten bösartig? In Zukunft können Ärzte verdächtige Hautstellen mit einem neuen Mikroskop genauer anschauen – und das innerhalb von Sekundenbruchteilen. Es unterstützt eine Auflösung von fünf Mikrometern und ist extrem flach und leicht.
Herkömmliche Mikroskope können bei vergleichbarer Auflösung entweder nur ein kleines Feld untersuchen, oder sie scannen die Oberfläche: Punkt für Punkt arbeiten sie sich vorwärts, machen unzählige Aufnahmen und setzen diese zum vollständigen Bild zusammen. Der Nachteil: Es dauert seine Zeit, bis die Aufnahme fertig ist.
Neuartiges Mikroskop
Das neuartige Mikroskop, das Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena erdacht und gebaut haben, vereint die Vorteile dieser zwei Mikroskoptypen: Es verzichtet auf das Rastern – muss also nur eine einzelne Messung vornehmen und ist daher sehr schnell. Dennoch nimmt es große Bildbereiche auf.
„Wir können quasi ein beliebig großes Feld untersuchen“, sagt Frank Wippermann vom IOF. „Die Auflösung ist mit fünf Mikrometern ähnlich wie bei einem Scanner.“ Ein weiterer Vorteil: Das Mikroskop ist mit einer optischen Baulänge von 5,3 Millimetern extrem flach.
Viele kleine Abbildungskanäle
Doch wie erreichen die Forscher dies? „Unser ultradünnes Mikroskop besteht nicht nur aus einem, sondern aus einer Vielzahl kleiner Abbildungskanäle, also vielen kleinen Linsen nebeneinander. Jeder Kanal bildet einen kleinen Teilausschnitt des Objekts in gleicher Größe ab, was einer 1:1-Abbildung entspricht“, erklärt Wippermann. Die einzelnen Teilausschnitte sind etwa 300 x 300 Quadratmikrometer (µm²) groß und schließen lückenlos aneinander an – eine Software setzt sie zum Gesamtbild zusammen. Der Unterschied zum Scannermikroskop: Alle Teilausschnitte werden nach Angaben der Forscher gleichzeitig aufgenommen.
Das Abbildungssystem besteht, so die Wissenschaftler, aus drei Glasplatten, auf denen die kleinen Linsen aufgebracht sind, sowohl auf der Ober- als auch auf der Unterseite. Diese drei Glasplatten werden übereinander gelegt. Zusätzlich befinden sich noch je zwei Achromate in jedem Kanal, so dass das Licht insgesamt durch acht Linsen gehen muss.
Mehrere Schritte erforderlich
Um die Linsen auf die Glassubstrate zu bringen, sind mehrere Schritte erforderlich: Zunächst bedecken die Forscher eine Glasplatte mit Photolack und belichten diesen durch eine Maske mit UV-Licht. Die belichteten Stellen härten aus. Legt man die Platte in eine spezielle Lösung, bleiben lediglich viele kleine Zylinder aus Photolack stehen, während sich der Rest der Schicht ablöst. Nun heizen die Wissenschaftler die Glasplatte auf: Die Zylinder schmelzen und zerlaufen zu sphärischen Linsen.
Von diesem Master-Werkzeug generieren die Forscher ein inverses Werkzeug, das sie als Stempel nutzen. Mit einem solchen Stempel kann die Massenproduktion der Linsen beginnen: Man nimmt ein Glassubstrat, trägt flüssiges Polymer auf, druckt den Stempel darauf und belichtet die Polymerschicht mit UV-Licht. Ähnlich wie der Zahnarzt die Füllungen mit UV-Licht aushärtet, härtet auch hier das Polymer in der Form aus, die der Stempel ihm gibt. Zurück bleiben winzige Linsen auf dem Glassubstrat. „Da wir die Linsen in Massenproduktion herstellen können, sind sie recht kostengünstig“, sagt Wippermann.
Prototyp existiert bereits
Einen Prototypen haben die Forscher bereits realisiert, sie zeigen ihn auf der Messe „LASER World of PHOTONICS“ in München vom 23. bis 26. Mai 2011. Seine Abbildungsgröße beträgt 36 x 24 Quadratmillimeter (mm²) – das Mikroskop kann also in einem Rutsch Objekte darstellen, die etwa die Größe einer Streichholzschachtel haben.
Bis das Gerät serienmäßig gefertigt werden kann, dauert es nach Aussagen von Wippermann jedoch noch mindestens ein bis zwei Jahre. Das Anwendungsspektrum ist breit gefächert: So lassen sich etwa auch Dokumente damit untersuchen und auf ihre Echtheit überprüfen.
(Fraunhofer-Gesellschaft, 04.05.2011 – DLO)