Gesellschaft

US-Wahl: Roboter als Meinungsmacher auf Twitter

Softwareprogramme beeinflussen den politischen Diskurs in den Sozialen Medien

Wichtiger als Reden schwingen und Buttons verteilen? Soziale Medien sind für die Politiker im aktuellen US-Wahlkampf von enormer Bedeutung. © Nicomenijes/ iStock.com

Gezielt manipuliert: Vermeintlich menschliche Nutzer äußern sich auf Twitter zuhauf über den aktuellen US-Wahlkampf. Doch hinter den politischen Tweets stecken oft gar keine realen Personen – sondern automatische Softwareprogramme. Immerhin knapp zwanzig Prozent der Tweets konnten Forscher in einer Studie auf solche Bots zurückführen. Sie sehen durch den Einfluss dieser Stimmungsmacher die Integrität der bevorstehenden Wahl gefährdet.

Nirgendwo sonst verbreiten sich Aussagen und Meinungen so schnell wie über die Sozialen Medien. Facebook, Twitter und Co sind längst zum Sprachrohr und Stimmungsbarometer der modernen Gesellschaft geworden – und deshalb für Politiker im Wahlkampf ein wichtiges Werkzeug. Auch im aktuellen Rennen um das Amt des US-Präsidenten nutzen die Kandidaten und ihre Anhänger diese Kanäle, um potenzielle Wähler von sich zu überzeugen.

Doch es sind nicht nur menschliche Stimmungsmacher, die sich in den Sozialen Medien äußern und sich für oder gegen Hillary Clinton und Donald Trump stark machen. Auf Twitter generieren statt echten Menschen vielfach auch spezielle Softwareroboter politische Tweets. „Sie beeinflussen den öffentlichen Diskurs wie nie zuvor und könnten die Integrität der US-Wahl 2016 gefährden“, warnt Emilio Ferrara von der University of Southern California in Los Angeles.

19 Prozent sind robotergeneriert

Der Computerwissenschaftler und seine Kollegen haben rund 20 Millionen auf die aktuelle Wahl bezogene Tweets analysiert, die zwischen dem 16. September und dem 21. Oktober 2016 veröffentlicht wurden. Mithilfe von Algorithmen versuchten sie dabei herauszufinden, wer hinter diesen Tweets steckt: Mensch oder Roboter.

Hinter etlichen politischen Tweets auf Twitter stecken Roboter. © Ktsimage/ iStock.com

Das Ergebnis der Algorithmen-unterstützten Bot-Fahndung: 19 Prozent der untersuchten Tweets stammen von automatisch arbeitenden Computerprogrammen. Das sind 3,8 Millionen Veröffentlichungen. Die sozialen Roboter stecken zudem hinter 400.000 der 2,8 Millionen individuellen Nutzerprofile aus der Analyse.

South Carolina ist Hochburg der Fake-Tweets

Interessant dabei: Während eine Mehrheit der robotergenerierten Veröffentlichungen über Trump positiv sind und die Popularität des Kandidaten stärken, sind bei den auf Clinton bezogenen Tweets nur rund die Hälfte derart förderlich. Die andere Hälfte der Aussagen kritisiert die Kandidatin, wie die Wissenschaftler berichten.

Besonders intensiv werden die Softwareroboter offenbar im US-Bundesstaat South Carolina eingesetzt. Von dort stammt der Studie zufolge ein Großteil der Fake-Tweets rund um die Kampagnen.

Konkrete Beeinflussung

„Die Präsenz dieser Bots kann die Dynamik der politischen Diskussion auf drei konkreten Wegen beeinflussen“, sagen Ferrara und seine Kollegen. „Erstens kann mit ihnen der Einfluss verschiedener Accounts gezielt verändert und umverteilt werden. Zweitens können die Roboter die Debatte noch weiter polarisieren. Drittens können sie die Verbreitung falscher oder unbestätigter Informationen verstärken.“

Welche Strippenzieher sich hinter den automatischen Programmen verbergen, sei in den meisten Fällen kaum herauszufinden, berichtet Ferrara. Sich Bots zunutze zu machen, sei jedoch für politische Parteien, lokale und nationale Regierungen und sogar für einzelne Individuen mit den entsprechenden Ressourcen ein Leichtes.

Verblüffend menschlich

Ein paar gestohlene Onlinebilder, übernommene biographische Informationen von existierenden Accounts und ein fiktiver Name – mehr braucht es für die perfekte Tarnung nicht. Denn die Softwareroboter arbeiten den Forschern zufolge inzwischen so raffiniert, dass sie selbständig tweeten und retweeten sowie Inhalte teilen und kommentieren können. Doch nicht nur das: Sie können ihren sozialen Einfluss auch aktiv durch das Folgen von realen Accounts steigern und sogar unerkannt an menschlichen Gesprächen teilnehmen.

(University of Southern California, 07.11.2016 – DAL)

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