Die Idee eines zyklischen Universums ist nicht neu: Schon die frühen indischen Gelehrten beschreiben in den Veden das Universum als eine ewige, sich wiederholende Abfolge von Entstehen, Zerstören und Wiedererstehen. Aber auch die Stoiker der griechischen Antike teilten diese zyklische Weltsicht. Ihrer Vorstellung nach ging der Kosmos als gigantische Kugel durch Phasen von Expansion und Ausdünnung, gefolgt von Phasen der Verdichtung und Kontraktion.
Die Maya glaubten ebenfalls an eine ewige Wiederkehr. Sie rechneten sogar mit wahrhaft astronomischen Zahlen, um die Dauer der verschiedenen Zyklen von Sonne, Mond, Planeten und Sternen zu beschreiben. „Die archetypische Auffassung eines zyklischen Universums hat Menschen die gesamte Geschichte hindurch fasziniert – sie findet sich in mythischen und wissenschaftlichen Kosmologien bis in die Gegenwart hinein“, sagt der dänische Wissenschaftshistoriker Helge Kragh.
Auch Albert Einstein beschäftigte sich mit der idee eines zyklischen Universums. © Ferdinand Schmutzer/ historisch
Einstein und die Folgen
Auch Albert Einstein hat sich zeitweilig mit der Möglichkeit eines oszillierenden, zyklischen Universums beschäftigt – und hielt diese Idee für durchaus plausibel. Aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie leitete der russische Mathematiker Alexander Friedmann in den 1920er Jahren ab, dass sich die Expansion des Universums auch umkehren kann. Er schrieb: „Fälle sind auch möglich, in denen sich der Radius der Raumkrümmung periodisch ändert. Das Universum würde zu einem Punkt kontrahieren, dann seinen Radius wieder bis zu einem bestimmten Punkt vergrößern, um sich dann wieder zu verkleinern und so weiter.“
Das Universum würde demnach ständige Zyklen aus Ausdehnung und Kontraktion durchleben. Der Kosmologe Richard Tolman griff diese Überlegungen in den 1930er Jahren auf und veröffentlichte umfangreiche mathematische Berechnungen, die ergründeten, in welcher Form ein zyklisches Universum möglich wäre. Seine Veröffentlichungen lösten einen bis heute anhaltenden Boom neuer zyklischer Modelle in der Kosmologie aus.
Kein Nichts, kein Ursachenproblem
Die Vorteile dieser Idee scheinen auf der Hand zu liegen: Wenn das Universum ewige Zyklen durchlebt, dann räumt dies das lästige Problem der Anfangssingularität aus dem Weg. Die Frage, wie alle Materie aus dem Nichts entstehen kann, wird bei solchen Modellen hinfällig – denn sie war ja schon immer in irgendeiner Form da. Es gab nie ein absolutes Nichts. „Das oszillierende Modell umgeht praktischerweise das Problem der Genesis und erscheint daher aus philosophischer Sicht attraktiv“, konstatiert der US-Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg.
Der Big Bounce liefert auch eine Lösung für die ungewöhnliche Einförmigkeit des Kosmos: Die Phase der Kontraktion sorgt dafür, dass alles sozusagen homogenisiert wird. Wenn dann die erneute Ausdehnung erfolgt, bleibt diese Gleichheit erhalten. Und auch die bisher ungeklärte Ursache für den Urknall lässt sich in einem zyklischen Universum elegant beantworten: Auslöser für jeden neuen Anfang ist schlicht das Ende des vorhergehenden Zyklus.
Die Hürde der Entropie
Allerdings gibt es bei den meisten zyklischen Modellen einen Haken: die Entropie. Nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nimmt in einem geschlossenen System der Grad der Unordnung immer weiter zu – und das gilt auch für den Kosmos. Selbst wenn dieser immer neue Zyklen von maximaler Kontraktion und explosiver Ausdehnung durchlebt, müsste daher die Entropie immer weiter zunehmen.
Warum, erklärt der Physiker Brian Greene so: „Mehr Entropie bedeutet, dass mehr ungeordnete Partikel zusammengequetscht werden, wenn das Universum kontrahiert. Das aber löst beim folgenden Neuanfang ein stärkeres Auseinanderfliegen aus.“ Als Konsequenz würde jeder folgende Zyklus ein wenig länger dauern als sein Vorgänger. Gleichzeitig sorgt die Entropie dafür, dass jedes Mal ein wenig mehr Strahlung im Verhältnis zur Materie entsteht. Am Ende einer langen Reihe von Zyklen stünde dann der Wärmetod – ein Zustand maximaler Entropie, indem keine geordneten Strukturen mehr existieren, keine Sterne, Galaxien oder Atome.
Betrachtet man dagegen die Vergangenheit, dann müssten die Zyklen immer kürzer werden, je weiter man zurückblickt. Wenn man nur weit genug zurückgeht, muss es demnach trotzdem irgendwann einen Zeitpunkt geben, an dem alles in einem Punkt konzentriert war – eben den Uranfang, den diese Modelle eigentlich ausschließen. Diese Erkenntnis macht viele frühe zyklische Kosmologien hinfällig.
Doch inzwischen haben Physiker einige Modelle entwickelt, die die störende Entropie loswerden – und damit einen „Big Bounce“ wieder wahrscheinlicher machen…